Berufsunfähigkeitsversicherung: Aktuelle Urteile im Überblick

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BGH-Urteil vom 14.7.2021 – IV ZR 153/20. Stichwort: Nachversicherung

Der Kläger erlitt Ende Juli 2016 einen Arbeitsunfall und war seitdem nicht mehr arbeitsfähig. In seinem Vertrag war eine Nachversicherungsgarantie ohne medizinische Risikoprüfung vereinbart, diese nutzte er im Oktober 2016 und verdoppelte seinen Versicherungsschutz auf 1.000 Euro, was der Versicherer bestätigte. Im Dezember meldete der Kläger Leistungsansprüche an, die der Versicherer anerkannte, er zahlte aber nur 500 Euro. Das sei nicht rechtens, entschied der BGH rund vier Jahre später. Grund ist laut Kanzlei Wirth, die den Kläger vertrat, ein Vertragspassus, nach dem dann eine Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf auszuüben. Nach der rückblickenden ersten Alternative („war“) lag der Versicherungsfall erst vor, als bereits der höhere Betrag vereinbart war. Zudem waren in den Vertragsbedingungen keine Rückwirkungen des Versicherungsfalls auf den Anfang des Sechsmonatszeitraums vereinbart. Bild: Adobe Stock/Nuthawut
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BGH-Entscheidung vom 21.4.2021 – IV ZR 88/20. Stichwort: Berufsbild

Hier musste der BGH über die Beschwerde eines Klägers entscheiden, dem die Revision seines Falls versagt wurde. Einem selbstständigen Zahntechnikermeister wurde die Leistung aus seiner BU verwehrt, da keine 50-prozentige Beeinträchtigung vorliege. Das zuständige Oberlandesgericht hatte moniert, dass er die Einschränkung seiner nicht-handwerklichen Tätigkeiten, also Bürotätigkeiten und Besprechungen in Zahnarztpraxen, infolge seiner orthopädischen Erkrankung nicht ausreichend dargelegt hätte. Allerdings hatte er wohl erklärt, dass weniger handwerkliche Tätigkeiten automatisch weniger nicht-handwerkliche Tätigkeiten erfordern, und somit seine Erkrankung auch diesen Bereich betreffen. Der BGH ist der Auffassung, dass die Darlegungslast des Versicherten nicht überspannt werden darf, ließ die Berufung zu und verwies den Fall zurück ans OLG. Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke begrüßt die Entscheidung, da Versicherer seiner Ansicht nach die Vortragslast des Versicherten meist sehr hoch ansetzen und stetig weitere Angaben bezüglich der ausgeübten Tätigkeiten fordern, wie er auf der Website der Kanzlei Jöhnke & Reichow ausführt. Er verweist zudem auf ein früheres Urteil des OLG Dresden (4 U 448/18), das in eine ähnliche Richtung zielt. Bild: Adobe Stock/lembergvector
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OLG Dresden, Beschluss vom 29.4.2021 – 4U 2453/20. Stichwort: Gesundheitsfragen

Die Gesundheitsangaben bei Vertragsabschluss sind immer wieder ein Streitpunkt, wenn es um die Gewährung von BU-Leistungen geht. So auch in diesem Fall: Das Landgericht hatte den Klage-Wunsch der Versicherten, der die BU-Leistung verwehrt wurde, bereits abgelehnt. Und auch das OLG war der Ansicht, dass die Berufung wenig erfolgsversprechend sei aufgrund falsch beantworteter Gesundheitsfragen. Das Gericht führte zudem aus, dass die Gesundheitsfragen grundsätzlich erschöpfend zu beantworten seien. Ein Versicherungsnehmer dürfe sich nicht auf Krankheiten und Schäden von erheblichem Gewicht beschränken und seiner Ansicht nach weniger gewichtige Beeinträchtigungen verschweigen. Nach Auffassung des OLG Dresden seien auch solche Beeinträchtigungen anzugeben, die noch keinen Krankheitswert haben, denn die Bewertung obliege dem Versicherer. Nur offenkundig belanglose Beeinträchtigungen, die alsbald vergehen, seien ausgenommen. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke sei das Urteil nicht nur für Versicherungsnehmer, sondern auch für Vermittler wichtig, da der Fragebogen zur Gesundheit häufig gemeinsam ausgefüllt werde. Er warnt vor einer „Bagatellisierung“ der Angaben. Bild: Adobe Stock/lNDABCREATIVITY
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