Eigenanteile steigen weiter

Pflegebedürftige müssen immer tiefer in die Tasche greifen

Steigende Kosten für Lebensmittel und die neue Tarifpflicht: 2022 sind die Eigenanteile für eine Unterbringung im Heim erneut ordentlich gestiegen. Im Schnitt sind 2.411 Euro fällig.

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13:01 Uhr | 24. Januar | 2023
Rentner mit Geldbörse

Wer in einem Pflegeheim untergebracht werden muss, muss dafür immer mehr aus eigener Kasse beisteuern. Auch im vergangenen Jahr erhöhten sich die Eigenanteile. | Quelle: Moyo Studio

Vor einem Jahr wurde die Pflegereform von Jens Spahn eingeführt. Pflegebedürftige finanziell entlasten – das hatte das neue Gesetz zum Ziel. Seitdem sind die Eigenanteile trotzdem sukzessive weiter gestiegen. Wie der Verband der Ersatzkassen (vdek) jetzt mitteilte, stiegen die Kosten, die Pflegebedürftige für Versorgung, Unterkunft und Verpflegung aufbringen müssen, 2022 erheblich an.  

Hauptanstieg liegt bei den pflegerischen Kosten

Zum Stand 1. Januar 2023 müssen Pflegebedürftige mit einer Heimaufenthaltsdauer von bis zu zwölf Monaten im Schnitt 2.411 Euro im Monat aus der eigenen Haushaltskasse für die Unterbringung berappen – 278 Euro mehr als im Jahr zuvor. Wer mehr als zwölf Monate in einer Pflegeeinrichtung verbringen muss, hat monatlich 2.183 Euro zu zahlen (ein Plus von 232 Euro). 1.955 Euro sind es bei einer Aufenthaltsdauer von mehr als zwei Jahren (186 Euro mehr als 2021). Und bei einem Heimaufenthalt von mehr als drei Jahren liegt der Eigenanteil bei 1.671 Euro (130 Euro mehr). Gründe für den Anstieg seien laut vdek vor allem die in dem Zeitraum gestiegenen Lebensmittelkosten, zusätzlich schlage die seit September geltende Tarifpflicht für Angestellte im Pflegedienst zu Buche.

Erneut steigt die Belastung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, die oft nicht wissen, wie sie die Kosten stemmen sollen.
Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende

Dabei liegt der Hauptanstieg innerhalb der Eigenanteile mit 25 Prozent allerdings bei den pflegerischen Kosten – obwohl mit der Reform von Ex-Bundesgesundheitsminister Spahn eigentlich eine Entlastung erreicht werden sollte. Das neue Gesetz verpflichtet die Pflegekassen dazu, sich mit einem Leistungszuschlag – je nach Aufenthaltsdauer von fünf bis 70 Prozent – an den Pflegekosten zu beteiligen. 2022 nahmen die Kassen zu diesem Zweck 3,4 Milliarden Euro in die Hand. Im laufenden Jahr werden es nach vdek-Angaben deutlich über vier Milliarden Euro sein.

„Erneut steigt die Belastung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, die oft nicht wissen, wie sie die Kosten stemmen sollen“, erklärte vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner zu den neu erschienen Zahlen. Die für Juli 2023 geplante Einführung eines bundesweit einheitlichen Personalbemessungsinstruments sowie weiter steigende Löhne würden zusätzliche Belastungen für die Heimbewohner verursachen. „Die Tarifbindung und das neue Personalbemessungsinstrument sind beide wichtige Instrumente, müssen aber auch finanziert werden“, sagte Elsner. Von den Beitragszahlenden allein könne das nicht gestemmt werden.

vdek fordert weitere Reform der SPV

Deshalb fordert der Verband eine zweite, weitere Reform. Dazu sei auch die Bereitschaft der Länder nötig, Investitionskosten für die Pflegeeinrichtungen zu übernehmen. Zudem solle bei einer solchen Reform die private Pflegepflichtversicherung an einem solidarischen Finanzausgleich der Sozialen Pflegeversicherung beteiligt werden.

Dabei wird die Frage nach einer zukunftssicheren Finanzierung des gesetzlichen Pflegeversicherungssystems immer drängender. Kürzlich veröffentlichte Zahlen des PKV-Verbandes untermauern: Die Lage in der Pflege spitzt sich weiter zu. Demnach sind derzeit 4,9 Millionen Deutsche pflegebedürftig, bis zum Jahr 2050 sollen 7,25 Millionen sein. Dadurch steigt die Notwendigkeit, zusätzlich privat vorzusorgen, immer mehr. PKV-Direktor Florian Reuther wies in dem Zusammenhang darauf hin: „Die Private Pflegeversicherung hat die Folgen der Alterung bereits einkalkuliert und dafür 47 Milliarden Euro kapitalgedeckte Demografie-Reserve angespart. Es sollten noch viel mehr Menschen auf diese Weise zusätzlich vorsorgen.“ Es sei „fünf vor zwölf“.