Rente
FDP will offizielles Eintrittsalter abschaffen
11:12 Uhr | 13. Dezember | 2022
„Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können.“ Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Hintergrund: Die Zahl der Menschen, die frühzeitig in Rente gehen, ist enorm angestiegen – in Bezug auf den drohenden Fachkräftemangel und die Stabilisierung des Rentensystems ist das ein gravierendes Problem.
Nun springt auch die FDP auf den Zug auf und bringt einen Vorschlag ins Spiel, den sie ohnehin auf der Agenda hatte: Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa sprach sich FDP-Vizechef Johannes Vogel für ein Wegfallen des offiziellen Rentenalters und eine weitgehende Flexibilisierung beim Rentenbeginn aus.
„Ich bin überzeugt: Niemand muss den Menschen mehr vorschreiben, wann sie in Rente zu gehen haben – auch, weil die Lebensläufe immer unterschiedlicher werden“, sagte der Liberalen-Politiker und nannte als Vorbild Schweden. Dort könnten die Bürger innerhalb eines bestimmten Zeitkorridors entscheiden, wann sie in Rente gehen. Je früher sie gehen, umso weniger Rente erhalten sie. Wie Vogel weiter hinzufügte, erreiche Schweden mit diesem Modell das höchste faktische Renteneintrittsalter in Europa. Gleichzeitig sei damit mehr Selbstbestimmung für die Menschen verbunden.
Dabei wies der FDP-Vize darauf hin, dass im Koalitionsvertrag der Ampel festgeschrieben sei, bezüglich des skandinavischen Rentenmodells „einen Dialogprozess“ zu führen. Dieser Prozess solle in der aktuellen Legislaturperiode angegangen werden, so Vogel. Wie SPD, Grüne und FDP bereits im Vorfeld ankündigten, wolle man in diese Diskussion neben dem flexiblen Renteneintritt nach skandinavischem Vorbild auch die Situation belasteter Berufsgruppen mit einbeziehen.
Den Wunsch des Kanzlers nach weniger Frührentnern hatte die Union so interpretiert, dass die SPD von der Rente mit 63 abrücken wolle. Tatsächlich habe man die Möglichkeiten zum vorzeitigen Ruhestandsbeginn aber nicht infrage stellen wollen, erklärte SPD-Parteichefin Saskia Esken daraufhin.
Ebenfalls für mehr Flexibilität in puncto Renteneintritt warb am Dienstag auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Am besten wäre ein System, in dem Menschen ab einem bestimmten Alter selbst entscheiden, wie lange und wie viel sie arbeiten wollen“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Wer nicht mehr weiterarbeiten könne oder wolle, müsse allerdings auch früher gehen und von seiner Rente leben können.
Die Zahl der Menschen, die die abschlagsfreie Rente beziehen, ist nach kürzlich erschienenen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung insgesamt erheblich angestiegen. So erhielten Ende Juli 1,99 Millionen Senioren die Rente mit 63 – das sind 400.000 mehr, als der Bund bei Einführung des Modells im Jahr 2014 erwartet hatte.
Die Ampel hat im Koalitionsvertrag eine weitere Anhebung des Rentenalters ausgeschlossen. Nach aktuell geltender Rechtslage wird die Rentenaltersgrenze ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben.