PKV-Beitragsanpassungen: DKV feiert Erfolg vor BGH
Das Thema Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung ist zu einem echten juristischen Dauerbrenner geworden. Nun erging vom Bundesgerichtshof (Az: IV ZR 253/20) ein weiteres Urteil in dieser Angelegenheit, das die Position der Versicherer stärkt.
Geklagt hatte ein Kunde der DKV, einem der größten privaten Krankenversicherer in Deutschland – entsprechend hatte das Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Az: 9 U 237/19) für Aufsehen gesorgt. Die Kölner Richter hatten damals die DKV zur Rückzahlung von 9.500 Euro an den Kunden verurteilt, da aus ihrer Sicht die Beitragserhöhung gegenüber dem Kunden nichts ordnungsgemäß begründet worden war. Der Anwalt des PKV-Kunden, Ilja Ruvinskij, hatte nach dem Urteil von einem „neuen Angriffspunkt“ gegenüber der PKV gesprochen. Konkret ging es dabei um eine „millionenfach verwendete Klausel“ in den Versicherungsbedingungen.
Strittige Klausel
So heißt es in den Musterbedingungen (2009) des Verbands der privaten Krankenversicherungen unter Paragraph 8, Absatz 2:
„Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.“
Durch diese Formulierung, bemängelte Klägeranwalt Ruvinskij vor knapp zwei Jahren, entstehe der Eindruck, dass der Versicherer die Prämien auch dann erhöhen darf, wenn die Kosten nur vorübergehend und nicht dauerhaft angestiegen sind. Da sich nicht nur die DKV, sondern auch andere PKV-Anbieter auf diese Formulierung beriefen, sah der Anwalt eine Klagegrund für Millionen PKV-Versicherter – schließlich hatte ihm das OLG Köln damals Recht gegeben.
Auch aus Sicht des Bundesgerichtshofs ist die kritisierte Klausel jedoch unwirksam. Der Versicherer behielt sich mit der Klausel das Recht vor, nach eigenem Gusto zu entscheiden, ob er die Beiträge anpasse oder nicht. Das sei eine Benachteilung des Kunden im Bezug auf Paragraph 203 des Versicherungsvertragsgesetzes, der als Bedingung für Beitragsanpassungen die dauerhafte Veränderung von Versicherungsleistungen vorschreibt.
Das große "Aber"
Nun folgt aber das große „Aber“: Denn die unwirksame Klausel aus Absatz 2 mache den ersten Absatz des Paragraphen nicht unwirksam. Hier heißt es:
„Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst.“
Diese Formulierung falle nicht zum Nachteil des Kunden aus, befand der BGH, da diese nicht nachteilig für den Kunden von Paragraph 203 des Versicherungsvertrages abweicht. Die Klausel sei somit eine wirksame Grundlage für Prämienanpassungen. Mit besagter Formulierung mache der Versicherer nur von der Möglichkeit Gebrauch, den Schwellenwert für die Überprüfung der Rechnungsgrundlagen von zehn auf fünf Prozent zu senken. Eine Möglichkeit, auf die zahlreiche Versicherer zurückgreifen.
Zumindest was die Verwendung dieser Klausel angeht, sind die Versicherer auf der sicheren Seite. Das entbindet sie jedoch nicht von ihrer Pflicht, die Beitragsanpassungen gegenüber ihren Kunden ordnungsgemäß zu begründen. So müssen sie dem Kunden mitteilen, welche der beiden Berechnungsgrundlagen – die Versicherungsleistungen, die Sterbewahrscheinlichkeit oder beide – die Beitragsanpassung auslöste.
Ob die DKV dieser Anforderung gerecht wurde, muss nun erneut das OLG Köln – sofern noch nicht geschehen – überprüfen. Der BGH verwies den Fall zurück an die Berufungsinstanz.