Nachhaltigkeit

Werden Fondspolicen grüner?

Nachhaltigkeitsaspekte spielen im Vertrieb eine zunehmend wichtigere Rolle. Kommen die Anbieter von Fondspolicen da hinterher? Wir schauen einmal genauer hin.

09:02 Uhr | 27. Februar | 2023
Werden Fondspolicen grüner?

Besonders für die junge Zielgruppe ist Nachhaltigkeit im Versicherungsvertrieb von großer Bedeutung. Auch die Branche beginnt sich langsam darauf einzustellen, es besteht jedoch noch Optimierungspotential. | Quelle: Drazen_

Die Regulierung treibt nachhaltiges Wirtschaften in vielen Bereichen voran. Seit Jahresbeginn 2022 unterliegen Finanzmarktakteure einer Berichtspflicht über ihre „Corporate Social Responsibility“ (CSR), um ihre gesellschaftliche Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften nachzuweisen. Und seit 22. August letzten Jahres müssen Versicherungsvermittler ihre Kunden in der Beratung nach Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen. Ihre Produktempfehlungen müssen folglich zum Nachhaltigkeitsprofil der Kunden passen. Das besagt die überarbeitete Fassung der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD.  Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater werden voraussichtlich ab April 2023 ebenfalls die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden ermitteln müssen.

Nachholbedarf bei Anbietern

Die Berücksichtigung von Investmentkriterien aus den Bereich Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance), kurz ESG, haben gerade jüngere Kunden schon länger auf dem Schirm. Sie fragen aktiv nach umweltfreundlichen und ethisch-vertretbaren Kapitalanlagen und Versicherungen. In der Altersvorsorge sind Anbieter von fondsgebundenen Versicherungen daher gehalten, auch ein entsprechend breites ESG-Angebot anzubieten. Die Branche beginnt sich darauf einzustellen, es besteht aber noch reichlich Optimierungspotenzial.

So hatte im Jahr 2021 die Stiftung Warentest in einem Test 29 Fondspolicen untersucht, die den Sparbetrag in nachhaltige Fonds anlegen und dabei auf eine Kapitalgarantie verzichten. Die Nachhaltigkeitskriterien der Fondsanbieter waren vorab als empfehlenswert eingestuft worden. Laut dem in der Branche viel kritisierten Ergebnis waren aber letztlich nur wenige Angebote aufgrund der Kosten empfehlenswert. Experten bemängelten an der Studie unter anderem den starken Fokus auf die Ansparphase. 

Das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) kam zu einem besseren Fazit. Die Experten untersuchten Ende vergangenes Jahr Fondspolicen auf ihre Nachhaltigkeits-Kompetenz. Aus den Bewertungen der Teilbereiche Strategie, Prozesse, Produkt & Service sowie Kennzahlen wurde ein Rating gebildet, wobei ein klarer Fokus auf dem Teilbereich Strategie lag. Ergebnis: Die Bestnote „Exzellent“ konnte zwar noch nicht vergeben werden. Von 17 untersuchten Tarifen wurden aber neun mit der zweitbesten Note „sehr gut“ ausgezeichnet. Dem IVFP zufolge haben sich allerdings nur diejenigen Versicherer der Analyse gestellt, die sich Chancen auf ein positives Ergebnis ausrechneten. Das Thema Nachhaltigkeit stecke branchenweit noch in den Kinderschuhen, habe aber sehr großes Potenzial.

EU hinkt hinterher bei Definitionen

Das liegt nicht zuletzt daran, dass exakte Nachhaltigkeitsdefinitionen in vielen Bereichen noch fehlen. Die UN hat zwar 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung benannt, sechs davon betreffen die Umwelt: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität.

Diese gilt es bei der Nachhaltigkeitsbeurteilung von Produkten zu berücksichtigen. Die Taxonomie der EU hat entsprechende Kriterien für die ersten beiden Umweltziele, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel geschaffen. Zu den anderen vier nicht-klimabezogenen Umweltzielen müssen Unternehmen voraussichtlich erst ab 2025 Bericht erstatten. Noch fehlen die Delegierten Rechtsakte dazu. Die Branche benötigt jedoch klare Definitionen, daher wird noch einige Zeit vergehen, bis ein branchenweiter ESG-Standard Realität wird.