Nachfolge: Immer noch ein Buch mit sieben Siegeln
Die Unternehmensnachfolge im Vermittlerbetrieb ist angesichts der alternden Maklerschaft ein strategisches Thema. Vor fünf Jahren hielten es nur 25 Prozent Makler und Mehrfachagenten für relevant, heute sind es bereits 64 Prozent und in fünf Jahren sehen 83 Prozent die Relevanz. Dies ergab die Marktstudie „Trends IV/2021“ der BBG Betriebsberatung, an deren Online-Befragung sich bis Anfang Oktober knapp 400 Makler und Mehrfachagenten mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren beteiligt hatten.
Bezogen auf das eigene Unternehmen fällt die Einschätzung der Makler ernüchternder aus. Gerade einmal 30 Prozent halten die Unternehmensnachfolge im Moment für wichtig. Auch in fünf Jahren bleibt die Relevanz des Themas für den eigen Betrieb noch knapp unter 50 Prozent. Damit hoffen sie offenbar auf wundersame Bestandsübertragung oder gehen von Berufstätigkeit auch im Rentenalter aus.
Viele haben erste Überlegungen zur Nachfolge angestellt
Immerhin hat sich Mehrheit der Befragten (62 Prozent) mit dem Thema Unternehmensnachfolge schon beschäftigt. Von diesen knapp zwei Dritteln der Makler haben 48 Prozent allerdings nur erste Überlegungen angestellt. Lediglich bei 29 Prozent steht der Plan ihrer Unternehmensnachfolge bereits, knapp zehn Prozent haben die Unternehmensnachfolge bereits vollzogen.
Betrachtet wurden jedoch nicht nur Makler, die ihre Firma altersbedingt aufgeben, sondern auch Berufskollegen, die Bestände und Firmen dazukaufen wollen. Anders ist nicht zu erklären, dass in der Umfrage ebenfalls zehn Prozent angeben, andere Maklerunternehmen kaufen, übernehmen oder sich daran beteiligen zu wollen.
Risiken beim Auslaufen des Bestandes
Bei den Maklern, die sich noch nicht mit der Nachfolgeregelung befasst haben, geben 64 Prozent als Grund an, dass bis zum Berufsausstieg noch zu viel Zeit sei. Knapp 13 Prozent wollen den Bestand einfach auslaufen lassen (46 Prozent setzen dafür zehn Jahre Zeitspanne an). Das könnte sich rächen: Wer als Makler seinen Bestand im Rentenalter unbetreut auslaufen lässt und nur auf Anfrage berät, verliert nicht nur Kunden und damit Bestandscourtage, sondern läuft auch Gefahr, wegen Nichtberatung bei wichtigen Anlässen in die Haftung für Schadenersatz genommen zu werden.
Als bevorzugtes Modell geben 39 Prozent einen Bestandskauf (Asset Deal) an, gefolgt von einer Verrentung (36 Prozent) und der Abgabe der operativen Geschäftsführung an Kinder (25 Prozent). Die Bereitschaft, auf einen Kaufpreis zugunsten einer langfristigen variablen Maklerrente zu verzichten, ist bei fast 61 Prozent der Befragten vorhanden.
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Nachfolger muss Reputation schützen
Für vier von fünf Maklern ist es bei einem Verkauf der eigenen Firma wichtig, dass der Käufer nach der Übernahme ihre Reputation schützt, also zum Beispiel nicht die bisherige Beratungsleistung bei Kunden und Kooperationspartnern kritisiert. Zudem sollte der Käufer sympathisch sein (72 Prozent) und die Kunden auch künftig persönlich vor Ort betreuen (71 Prozent) – Mehrfachnennungen erlaubt.
Am ehesten können sich Makler als ihren Nachfolger einen Kollegen aus dem eigenen Netzwerk vorstellen, sagen 52 Prozent. Ebenfalls hoch im Kurs stehen Maklerkollegen aus der eigenen Region (51 Prozent) sowie aus dem Maklerverbund beziehungsweise Pool (47 Prozent). Als Vorarbeiten zur Regelung einer Unternehmensnachfolge finden Makler es am wichtigsten, Bestand und Unternehmen zu bewerten, sagen 28 Prozent. Ähnlich wichtig wird die Aktualisierung der Maklerverträge und Datenschutzvereinbarungen empfunden (25,7 Prozent).
Professionelle Bestandskäufer kaum bekannt
Konkrete professionelle Bestandskäufer sind zwischen 38 Prozent (Blau Direkt) und 83 Prozent (KAV) der Makler unbekannt. Gleichwohl finden Makler, die gut informiert sind, Kaufmodelle zum Teil sehr lukrativ, etwa von Policen Direkt (sagen 27,8 Prozent), SDV (25 Prozent) und Blau Direkt (23,8 Prozent).
Als Dienstleister im Bereich Unternehmensnachfolge werden insbesondere wahrgenommen: Andreas Grimm (33 Prozent), Dr. Adams & Associates (23 Prozent), Peter Schmidt (19 Prozent), der Makler-Nachfolge-Club (17 Prozent) sowie der Marktplatz "Bestand und Nachfolge" (15 Prozent), wobei wieder Mehrfachnennungen möglich waren. Schmidt erwartet zwischen 2023 und 2027 die Spitze der Nachfolgen in Maklerbetrieben, sagte er kürzlich gegenüber procontra.
Die Studie bestätigt viele aktuelle Bewertungen und die Notwendigkeit weiterer Beratungsangebote. „Die courtagepflichtige Bestandsübertragung ist im rechtlichen Sinne eine Übertragung von Forderungen“, erinnert Sascha Korinth, verantwortlich für Bestandsübertragung bei Blau Direkt. Die Zustimmung des Kunden sei zwingend erforderlich. Wichtige Hilfen zur Bestandsübertragung hat er in dem Kompendium „Die BÜ-Fibel“ zusammengefasst.
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