Weniger Vermietungen bei offenen Immobilienfonds
Verschlossene Ladentüren, leere Shopping-Center und unbewohnte Hotelzimmer: Die Coronakrise hat die Vermietungsquote bei den offenen Immobilienfonds deutlich nach unten korrigiert und so dem seit 2011 bestehenden Aufwärtstrend ein vorläufiges Ende gesetzt. Dies zeigt eine Erhebung der Ratingagentur Scope, bei der 20 offene Immobilienpublikumsfonds unter die Lupe genommen wurden, die vor 2019 aufgelegt wurden oder über ein Scope-Rating verfügen. Wie stark die Auswirkungen der Pandemie tatsächlich sein werden, ist aktuell noch unklar.
Hoher Leerstand im Textilhandel
Eine Tendenz lässt sich aber ausmachen: Im Pandemiejahr 2020 sank die durchschnittliche Vermietungsquote deutlich, mit 94,3 Prozent lag sie 1,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau. Die Quote ist damit erstmals seit zehn Jahren rückläufig. Dabei ist die Lage nicht bei allen Fonds schlecht – fünf der untersuchten 20 kamen von der Pandemie ungeschoren davon und vermieten mehr als im Vor-Coronajahr 2019. Einen Zuwachs gab es vor allem bei den Wohnimmobilien. Demgegenüber traf es die global agierenden Fonds, die in Büro- und Hotelimmobilien in den USA investierten, besonders hart. Vor allem in New York beendeten viele Pächter ihre Verträge.
Die Immobilienfonds mit den höchsten Vermietungsquoten
„Leere Flächen und sinkende Mieten sind die Auswirkungen, mit denen vor allem Objekte in nicht-erstklassigen Lagen zu kämpfen haben“, schreiben die Scope-Analysten. Dabei ist besonders im Textilhandel, nicht nur in den USA, ein Leerstand zu verzeichnen. Bereits vor Corona gab es in diesem Segment durch den Trend zu eCommerce Umsatzeinbußen, der Lockdown verstärkte den Effekt. Infolge der Krise waren aber auch Mieter für Büros kaum noch zu finden. In vielen Unternehmen herrscht wirtschaftliche Unsicherheit, wie viel Bürofläche künftig noch benötigt wird, ist ungewiss. Die Leerstände im Class-A-Bürosegment würden laut Scope aber nicht dauerhaft ansteigen. Dies sei eher bei Immobilien in weniger attraktiven Lagen der Fall oder bei Objekten, die in Sachen Nachhaltigkeit kaum punkten können. Ein Problem sehen die Analysten außerdem in den vermehrten Insolvenzanträgen, da das finanzielle Polster der potenziellen Mieter dadurch immer kleiner werde.
Für die Fondsperformance ist die Vermietungsquote von großer Bedeutung. So bleiben bei leerstehenden Immobilien nicht nur die Mieterträge aus, es entstehen auch zusätzliche Kosten, beispielsweise für Renovierungen oder Vermarktung. Trotz der wirtschaftlichen Verwerfungen der Corona-Pandemie konnten die Fonds mit einer Rendite von durchschnittlich 2,9 Prozent weiterhin gut performen. Allerdings gehen Experten davon aus, dass das Renditeniveau künftig sinken werde.
Immobilienfonds weiterhin als Wertanlage geeignet
Aus Sicht von Esteban De Lope Fend, Geschäftsführer des Deka Immobilienfondsgeschäfts, seien Immobilienfonds – auch wenn ihre Performance durch die Coronakrise belastet sei – weiterhin als Wertanlage geeignet. „Sie sind für langfristige Anleger konzipiert“, erklärte er kürzlich in einem Interview mit procontra. „Bei einem Anlagehorizont von idealerweise zehn und mehr Jahren, wird das Produkt nicht unattraktiv, wenn die Rendite mal ein oder zwei Jahre schwächelt.“ Die Fonds der Deka hätten 2020 im Schnitt zwischen 1,5 bis 2,5 Prozent performt. Vor der Krise habe der Wert zwischen 2,5 bis 3,5 Prozent gelegen. „2022 wollen wir wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkommen“, fasste er zusammen.
Aktuell ist zumindest ein Ende der rückläufigen Vermietungsquoten nicht in Sicht: Auch zum 31. März 2021 waren die von Scope betrachteten Fonds nur noch zu 93,9 Prozent vermietet – eine erneute Reduktion um 0,4 Prozentpunkte. Da noch nicht alle Fonds bislang ihre Berichte einreichten, ist diese Zahl als vorläufig zu betrachten. Immerhin: So stark wie die Finanzkrise wirkte sich die Pandemie bisher nicht aus. 2011 lag die Vermietungsquote bei 91,8 Prozent, die momentanen 94,3 Prozent markieren dagegen ein solides Niveau.