Versicherer fordern Naturgefahrenausweis und neue Bauvorgaben

Aktuell prüft die Bundesregierung die Einführung einer Elementarpflichtversicherung. Um die Schadenanfälligkeit von Gebäuden gegenüber Naturgefahren im Vorfeld besser einschätzen zu können, schlägt der Gesamtverband der Versicherer unter anderem die Einführung eines Naturgefahrenausweises vor.

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10:10 Uhr | 14. Oktober | 2022

Naturkatastrophen wie die verheerende Flut im Ahrtal werden vor dem Hintergrund des Klimawandels immer häufiger auftreten. Darüber sind sich alle Experten einig. Wie man allerdings mit dem zunehmenden Risiko umgehen sollte – dazu gehen die Meinungen auseinander.

Neben städtebaulichen Anpassungen muss auch die Bevölkerung besser informiert werden. Auch dazu herrscht Einigkeit. Cornelia Weigand, Landrätin des von der Hochwasserkatastrophe 2021 besonders betroffenen Ahrtals, forderte am Donnerstag auf einer Veranstaltung des Gesamtverbands der Versicherer (GDV): „Man muss mehr Wissen aufbauen. Es muss einen konkreten Handwerkskasten geben, der für alle gilt.“ Schließlich seien im Ahrtal und Umgebung auch Häuser von der Flut betroffen gewesen, die nicht im offiziellen Überschwemmungsgebiet lagen.

Um genau solchen Szenarien besser vorbeugen zu können, plant das Bundesumweltministerium (BMUV) ein Informationsportal für alle Bürger, wie Susanne Lottermoser, Abteilungsleiterin im BMUV auf der GDV-Branchenveranstaltung erklärte. Allerdings seien im Vorfeld noch etliche Fragen zu klären: Was gilt überhaupt als Naturgefahr? Soll es eine Push-Warn-Funktion geben?

Naturgefahrenportal und -ausweis

Auch der GDV selbst setzt sich für ein bundesweit einheitliches Naturgefahrenportal ein, das für alle Bürger einsehbar ist. Es solle dazu beitragen, dass sich jeder der Gefahren am individuellen Wohnort bewusst wird und jeder frühzeitig Informationen über drohende Unwetter erhält. „Primäre Zielgruppe des Portals ist die breite Bevölkerung, nicht die Verwaltung, nicht Expertenkreise“, so der GDV auf seiner Website.

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Allerdings braucht es mehr als nur einen Notfallplan, der im Fall der Fälle greift. Präventive Maßnahmen und dazu gehört auch, das Schadenpotenzial von Gebäuden im Vorfeld besser einordnen zu können, sind nötig. Genau hier setzt der GDV an und schlägt die Einführung eines Naturgefahrenausweises vor, „der angesichts des Klimawandels objektive Kennziffern für die Schadenanfälligkeit von Gebäuden gegenüber Naturgefahren transparent machen soll“, wie es auf der GDV-Website heißt. Er soll „Naturgefahren wie Überschwemmungen durch Starkregen, Hochwasser, Kanalrückstau oder Erdsenkung und Erbeben vor Ort sichtbar machen und bewerten.“

Vorgaben für Bauen im Gefahrenbereich

Ähnlich wie der Energieausweis, in dem Daten zur Energieeffizienz von Gebäuden festgehalten werden, soll der Naturgefahrenausweis also über mögliche Naturgefahren informieren, von denen das jeweilige Gebäude betroffen sein könnten. Das wäre für Hauseigentümer und Mieter, aber auch Kaufinteressenten, Versicherer, Banken und Handwerker wichtig, um auf dieser Wissensgrundlage weitere Entscheidungen treffen zu können.

Immer wieder wurde bemängelt, dass die Bauvorschriften nicht dem Klimawandel und den damit einhergehenden Naturereignissen Rechnung tragen: Es fehlt an einer bundesweit geltenden Pflicht zu präventiven Maßnahmen. Aus diesem Grund fordert der GDV bundeseinheitliche Vorgaben für das Bauen im Gefahrenbereich. Dann allerdings müsste auch das regionale Gefahrenpotenzial einer neuen Analyse unterzogen werden, denn wenn in der Gegend rund um das Ahrtal selbst Gebäude betroffen waren, die nicht im Gefahrengebiet gelegen haben, wäre diese auch in Zukunft schlecht geschützt.