procontra: Herr Güssler, zunächst zum besseren Verständnis: Was sind eigentlich PKV-Kennzahlen, was sagen sie aus, wie werden sie ermittelt?
Gerd Güssler: Eine Kennzahl ist nichts anderes als eine Normierung von wirtschaftlichen Daten eines Unternehmens. Vereinfacht ausgedrückt werden dabei mehrere Einzelwerte zu einer Kennzahl zusammengefasst. PKV-Kennzahlen bilden somit einen einheitlichen Maßstab, mit dem die wirtschaftliche Stärke einzelner Versicherungsunternehmen miteinander verglichen werden kann. Ermittelt werden Kennzahlen anhand der Geschäftsberichte der Versicherer. Die Grundlage bildet der Kennzahlenkatalog des PKV-Verbandes.
Ganz wichtig: Unternehmenskennzahlen sind unbedingt vom Produkt zu trennen. PKV-Kennzahlen sagen viel über den jeweiligen Versicherer aus, aber nichts über das Versicherungsprodukt. Die Produktqualität hängt nicht von Kennzahlen ab, sondern von den Tarifinhalten.
procontra: Warum können Maklerinnen und Makler PKV-Kennzahlen dennoch für ihre Beratung nutzen?
Güssler: Tarifqualität und Beitragshöhen sind zwar unabhängig von Kennzahlen zu betrachten, man kann an ihnen aber beispielsweise erkennen, ob der Vorstand eines Versicherungsunternehmens ausreichend Mittel hat, um Beitragsanpassungen zu limitieren. Das ist aus der Kennzahl zu Rückstellungen für Beitragsrückerstattung ersichtlich, kurz RfB.
Simpel gesagt: Wenn der RfB-Topf leer ist, besteht keine Möglichkeit, eine Beitragsanpassung zu subventionieren, und der Versicherer wird den Kunden zur Kasse bitten. Deshalb ist es für Makler nützlich, diese Kennzahl mit der Bezeichnung „A2“ zu kennen. Außerdem spielt es eine Rolle, wie viele Tarifsysteme das jeweilige Unternehmen hat. Je weniger es sind, desto größer ist die Freiheit des Vorstands, bei Beitragsanpassungen limitierend einzugreifen.
procontra: Welche Kennzahlen sind in diesem Zusammenhang sonst noch wichtig?
Güssler: Um zu erkennen, ob überhaupt Mittel für RfB vorhanden sind, brauche ich die Kennzahl B1: Sie fasst das versicherungsgeschäftliche Ergebnis zusammen. Außerdem ist die Kennzahl für die Eigenkapitalquote von Bedeutung. Sie trägt die Bezeichnung A1. Eine vierte Kennzahl, A6, ist zwar nicht im PKV-Katalog enthalten, in unseren Analysen bei KVpro berücksichtigen wir sie aber trotzdem – es geht dabei um Altersrückstellungen.
Wieviel Prozent vom Beitrag geht fließt in diese Rückstellungen? Um die im Tarif enthaltenen Leistungen dauerhaft gut finanzieren zu können, ist das ganz entscheidend. Letztlich kommt es darauf an, dass diese vier Kennzahlen ausgewogen sind, dass es keine „Ausreißer“ nach unten gibt. Das wie beim Mehrkampf in der Leichtathletik: Wenn Sie im Hochsprung Weltklasse sind, aber in drei anderen Disziplinen Kreisklasse, gewinnen Sie nie Olympisches Gold.
procontra: Nun ist das Studium von Geschäftsberichten vermutlich nicht die Lieblingsbeschäftigung eines jeden Maklers. Wann ist es sinnvoll, zur Analyse von PKV-Kennzahlen einen externen Dienstleister wie beispielsweise KVpro zu Rate zu ziehen?
Güssler: Es ist in der Tat recht mühsam, sich alle relevanten Zahlen selbst zusammenzustellen. Kennzahlen sind ja nur das letzte Entscheidungskriterium. Der Kunde kauft in erster Linie einen Tarifinhalt. Leistung, Preis, Beitragsentwicklung, Kennzahlen – all das muss man sich im Zusammenspiel anschauen, wobei die Betrachtung immer vom Produkt ausgeht. Sind zwei Produkte sehr ähnlich, hilft am Ende aber sicher der Blick auf die Kennzahlen. Für die meisten Maklerinnen und Makler lohnt es sich deshalb, mit einem Dienstleister wie KVpro zusammenzuarbeiten, der auch dank der richtigen digitalen Tools die Marktübersicht über alle Dimensionen hat.