Künstliche Intelligenz

Kann Chat GPT bei der Geldanlage helfen?

Der Hype um Chat GPT & Co. ist ungebrochen, immer mehr lernt die künstliche Intelligenz hinzu. Doch kann sie bereits den Finanzanlagenberater überflüssig machen? Wir wagten den Selbstversuch.

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12:04 Uhr | 13. April | 2023
Chat GPT

Kann die künstliche Intelligenz schon heute fundierte Investmenttipps geben? | Quelle: AndreyPopov

Welcher Beruf kann zukünftig besser, zumindest aber günstiger von der künstlichen Intelligenz ausgeübt werden? Dieser Frage gingen vor Kurzem die Forscher von OpenAI nach – das Unternehmen, das sich für den mittlerweile weltberühmten Chat-Bot Chat GPT verantwortlich zeigt.

Besonders gefährdet sind nach Auffassung von OpenAI dabei besonders Mathematiker, bei denen die künstliche Intelligenz 100 Prozent der Arbeitsaufgaben übernehmen könnte. Auch Analysten jedweder Art, Journalisten und Buchhalter könnten laut Studie demnächst überflüssig werden.

Was kann Chat GPT bei der Geldanlage?

Vergleichsweise unbetroffen von der KI-Offensive sind hingegen Investmentfondsmanager, Grafiker und Versicherungsdetektiv. Doch wie schaut es aus bei Finanzanlagenberatern? Was können Chat GPT und Co. im Hinblick auf das Thema Geldanlage?

Zwar können Kunden bereits seit einiger Zeit ihr Geld mittels Robo Adviser anlegen lassen, bei denen sie lediglich Risikoneigung, Anlagehorizont sowie -summe eintragen mussten. Laut einer Untersuchung der Zeitschrift Finanztest im Jahr 2021 wusste allerdings nur ein kleiner Teil der Anlageroboter zu überzeugen. 

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Hat die künstliche Intelligenz in Form von Chat GPT hier mehr zu bieten? Kann Sie für Finanzanlagenberater zu einer ernsthaften Konkurrenz werden? Zeit für einen Selbstversuch. 

Wir fangen ganz unverbindlich an und fragen: Kannst Du mir beim Thema Geldanlage helfen? Chat GPT antwortet zögerlich, dass es mir einige grundlegende Informationen zur Geldanlage geben könne. Sofort schiebt es jedoch den folgenden Hinweis hinterher:

„Es ist jedoch sehr wichtig, dass Sie sich vor der Entscheidung für eine bestimmte Anlageform ausführlich über die Risiken und Chancen informieren. Dazu sollten Sie sich an einen Finanzberater wenden, der Ihnen bei der Auswahl der geeigneten Anlageform und der richtigen Strategie helfen kann.“

Prompts sind entscheidend

Das ist ja schon einmal erfreulich, dass die künstliche Intelligenz den Finanzberater aus Fleisch und Blut nicht ersetzen möchte. Allerdings möchte ich Chat GPT nicht so schnell von der Angel lassen und frage nach, welche Geldanlage sich denn am besten zur Altersvorsorge eignet. Damit die KI möglichst gute Ergebnisse liefern kann, ist es entscheidend, sie mit den nötigen Informationen zu versorgen. Das Potenzial der Künstlichen Intelligenz muss erst einmal entfesselt werden.

Die Aufforderungen beziehungsweise den Input, den man der KI an die Hand gibt, nennt man „Prompts“. Welche Strategien bei deren Formulierung besonders erfolgsversprechend sind und wie der perfekte Prompt auszusehen hat, kann man auf unzähligen Seiten im Internet nachlesen.

Ich gebe dem KI-Sprachmodell also ein paar Informationen: Alter, Nettoeinkommen und mein Anlageziel: die eigene Altersvorsorge – da besteht auf jeden Fall noch Handlungsbedarf. Wie viel meines Einkommens soll ich denn erst einmal für die Altersvorsorge zurücklegen, frage ich Chat GPT. Die KI antwortet mit einer Faustregel, die zum Beispiel auch einige Lebensversicherer auf ihren Internetseiten empfehlen: 10 bis 15 Prozent meines Nettoeinkommens soll ich monatlich in meine private Altersvorsorge investieren. Zugleich weist Chat GPT darauf hin, dass Altersvorsorge-Investitionen immer von den jeweiligen Umständen abhängen, man jedoch am besten so früh wie möglich mit dem Sparen beginnen sollte, um den Zinseszins für sich nutzen zu können. Das ist schon mal alles nicht falsch, jedoch sehr allgemein.

Interessant wird es aber mit der Frage, wie ich das Geld denn investieren soll. Auf die Frage, ob ich eine Rentenversicherung abschließen oder mein Geld lieber gleich in Fonds investieren soll, will mir Chat GPT die Entscheidung nicht abnehmen. Die KI nennt mir aber zumindest einige Vor- und Nachteile der jeweiligen Anlageform, wie beispielsweise die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos bei Rentenversicherungen.

Keine spezifischen Anlageempfehlungen

Doch das sind alles Informationen, die ich praktisch an jeder Ecke im Netz finden kann. Ich will endlich in die Tiefe und frage: In welche Fonds soll ich investieren? Diese Frage wird ebenso wenig beantwortet wie die Frage, welche Rentenversicherung in der Vergangenheit die höchste Rendite erwirtschaftet hat. Chat GPT belässt es bei allgemeinen Tipps, egal wie sehr man die KI auch drängt.

„Als künstliche Intelligenz bin ich neutral und unvoreingenommen und kann keine spezifischen Anlageempfehlungen aussprechen“, teilt mir Chat GPT mit.

Ein wenig austricksen kann man die KI dann doch, nämlich indem man die Frage spezifischer formuliert. Ich frage Chat GPT, welche Dividenden-Aktien ich im Portfolio haben sollte. Spezifische Empfehlungen verweigert mir die KI auch hier, stattdessen gibt sie mir jedoch allgemeine Empfehlungen für Dividendentitel, garniert mit einigen Beispielen.

So rät die KI dem Dividenden-geneigten Anleger zu sogenannten Dividendenaristokraten – also Unternehmen, die ihre Dividenden seit mindestens 25 Jahren kontinuierlich erhöht haben und somit als zuverlässige Dividendenzahler gelten. Als Beispiele werden noch Coca Cola, Johnson & Johnson sowie ExxonMobil genannt.

Auch wer nach Tech-Aktien (Apple, Microsoft, Alphabet), deutschen Titeln (Siemens, Deutsche Telekom, Allianz) oder Value-Werten (Berkshire Hathaway, Procter & Gamble, Verizon)fragt, bekommt Unternehmen genannt, stets jedoch mit dem Hinweis versehen, dass es sich hier nur um Beispiele und keine konkreten Anlageempfehlungen handelt.

Wer sich in Chat GPT einen allwissenden Anlageberater erhofft hat, dürfte folglich – zumindest jetzt – enttäuscht sein. Zwar macht die Künstliche Intelligenz hinter den Chatbots kontinuierlich Fortschritte, grundlegende Probleme beziehungsweise offene Fragen bleiben jedoch. So sehen Experten durchaus die Gefahr, dass die künstliche Intelligenz bestehende Präferenzen des Kunden einfach nur verstärken könnte. Was bereits heute schon in den sozialen Medien feststellbar ist, könnte sich dann auch auf die Geldanlage übertragen – statt alle Informationen zur Verfügung zu stellen, könnten KI-Anwendungen zu einer virtuellen Echokammer werden, in der bestehende Meinungen nur weiter verfestigt werden.

Betrüger nutzen Chat-GPT-Hype

Ein weiterer Unterschied zum Finanzberater ist noch schwerwiegender. Chat GPT haftet nicht für etwaige Empfehlungen. Aus gutem Grund übrigens, denn noch immer gelten die Chatbots als fehleranfällig und geraten teils außer Kontrolle, wenn sie ihr Gegenüber unter anderem mit dessen Vernichtung bedrohen.

Anleger, die von ihrer künstlichen Intelligenz zuletzt aber tatsächlich sehr konkrete Anlage-Tipps erhielten, seien übrigens gewarnt. So berichteten einige Medien davon, dass Cyberkriminelle derzeit versuchen würden, mittels einer gefälschten Chat-GPT-Plattform an die Daten und letztlich das Geld der ahnungslosen Nutzer zu kommen.

Es scheint also so, dass Finanzanlagenberater so schnell nicht überflüssig werden.