„Bei uns bekommt jeder Makler eine Direktanbindung“
procontra: Hohe Inflation, große Schwankungen an den Finanzmärkten und nicht zuletzt weltpolitische Spannungen und Krieg in der Ukraine: Welche Produkte laufen in so einer Phase noch gut im Maklervertrieb bei der Ergo?
Markus Krawczak: Die Absicherung biometrischer Risiken bleibt auch in diesen herausfordernden Zeiten wichtig und gefragt. Die Inflation wirkt sich hier kaum aus. Der Bedarf zur Absicherung existenzieller Risiken bleibt auch in diesen Zeiten bestehen. Das sehen wir unter anderem an der Nachfrage nach unserer Risikolebensversicherung. Das stärkste Zugpferd ist aktuell aber unsere Berufsunfähigkeitsversicherung. Um unser Produktportfolio in diesem Bereich zu ergänzen, planen wir derzeit eine neue Grundfähigkeitsversicherung. Diese soll zum Beispiel eher körperlich tätigen Berufsgruppen eine Lösung zur Arbeitskraftabsicherung bieten, für die eine BU teilweise zu teuer geworden ist.
procontra: Und welche laufen schlechter als zuvor, Stichwort Einmalbeitragsgeschäft?
Krawczak: Wie der Gesamtmarkt sehen auch wir ein nachlassendes Einmalbeitragsgeschäft mit Lebensversicherungen. Der Rückgang ist aber überschaubar, weil Einmalbeiträge bei uns zuletzt keinen so großen Geschäftsanteil ausgemacht haben. Unser Hauptgeschäft liegt nach wie vor bei den laufenden Beiträgen.
procontra: Sie hatten 2022 keine einzige Top-3-Platzierung in der Lebensversicherung bei Maklers Lieblinge. Glauben Sie, dass Sie hier nun, bezogen auf bestimmte Produkte, schnell aufholen können?
Krawczak: Es stimmt, unsere Positionierung unter Maklern ist ausbaufähig. Genau daran arbeite ich. In den vergangenen sechs Jahren haben wir intern zahlreiche Verbesserungen bei der Erneuerung von Prozessen erwirken können. In so einem großen Konzern bedeutet das jedes Mal einen großen Kraftakt. Doch es hat sich gelohnt, weil wir uns seitdem in den verschiedensten Umfragen Stück für Stück hocharbeiten. Wir wollen in den nächsten Jahren mehr von den Maklern gesehen werden und diese weiter von uns überzeugen – allein schon aufgrund unserer Größe. Uns ist aber bewusst, dass das kein Sprint, sondern ein Marathon ist.
procontra: Wenn man trotzdem einmal kurzfristig denkt: Welche Ziele hat die Ergo 2023 im Maklervertrieb? Wollen Sie zum Beispiel möglichst viele Makler direktanbinden, um die Abhängigkeit von Pools zu verringern?
Krawczak: Für uns ist es generell wichtig, viele Vertriebspartner zu gewinnen. Ob das Geschäft dann direkt bei uns oder über einen Maklerpool eingereicht wird, sollte allein Entscheidung des Maklers sein. Wir werden uns keinem Makler verwehren. Es gibt ja Tendenzen am Markt, dass Makler weniger Möglichkeiten zur Direktanbindung an Versicherer bekommen. Das machen wir nicht. Derjenige, der mit uns zusammenarbeitet, bestimmt auch, auf welchem Weg er das tut.
Wenn ein Makler direkt mit uns zusammenarbeiten will, auch wenn er noch sehr jung ist, bekommt er bei uns eine Direktanbindung.Markus Krawczak
procontra: Gilt das auch für junge Einsteiger in die unabhängige Vermittlertätigkeit, die Ihnen noch nicht direkt so und so viele Millionen Lebenswert an Neugeschäft garantieren können?
Krawczak: Ja, wir als Ergo und auch die ganze Branche brauchen junge, engagierte Makler. Es ist ein abwechslungsreicher Beruf mit vielen Freiheiten und guten Verdienstmöglichkeiten. Wir wollen junge Menschen nicht daran hindern, diesen Beruf zu ergreifen, indem wir ihnen Steine in den Weg legen, wenn sie sich eigentlich direkt an uns anbinden möchten. Ein relativ großer Teil der Makler wird in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Daher müssen wir als Versicherer jetzt schon dafür sorgen, dass ausreichend Nachwuchs in die Branche kommt. Deshalb: Wenn ein Makler direkt mit uns zusammenarbeiten will, auch wenn er noch sehr jung ist, bekommt er bei uns eine Direktanbindung.
procontra: Sie sprechen die guten Verdienstmöglichkeiten an. Wie geht man bei der Ergo mit der erneut entflammten Diskussion um ein Provisionsverbot um?
Krawczak: Wir als Ergo sind gegen ein Provisionsverbot. Wir sehen ja unter anderem am Beispiel Großbritannien, welche negativen Auswirkungen so etwas bringt. Dort leisten sich fast nur noch Haushalte mit hohem Einkommen eine Beratung beziehungsweise nehmen die dortigen Makler fast nur noch solche Kunden als Mandanten an. Gute Beratung muss bezahlt werden. Ich glaube, ohne den provisionsbasierten Vertrieb würden viele Menschen in Sachen Altersvorsorge und Risikoabsicherung auf der Strecke bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das hierzulande wollen.
procontra: Wie stark würde Ihr Neugeschäft zurückgehen, wenn in Deutschland nur noch gegen Honorar beraten werden dürfte?
Krawczak: Das ist zunächst einmal eine hypothetische Frage. Fest steht aber, die Umstellung von Provisions- auf Honorarberatung dauert für Makler einige Zeit. Damit meine ich den Neuaufbau oder auch Umbau eines Kundenstamms auf Menschen, die bereit sind, ein in den meisten Fällen dreistelliges Honorar pro Stunde zu bezahlen. Diese Umbauzeit muss man als Makler aus seinen Rücklagen finanzieren und das kann nicht jeder. Aus England und den Niederlanden höre ich, dass viele Makler ihr Geschäft aufgeben mussten. Diese Entwicklung wünsche ich mir für Deutschland nicht.