„Das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler“
Auf die Nachricht über ein mögliches Provisionsverbot von Seiten der Europäischen Kommission folgte sogleich die Entrüstung über das geplante Vorhaben. „Wenn das Provisionsverbot kommt, zieht die Kommission damit einer ganzen Branche den Stecker“, kritisierte Helge Lach vom Bundesverband Deutscher Vermögensberater. Auch der Vermittlerbverband BVK zeigt sich bestürzt. Ein EU-weites Provisionsverbot würde „das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler in Deutschland bedeuten. Denn mit einem Verbot der Provisionsvergütung würde ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen“, beklagt der Verband.
Zum Hintergrund: EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness moniert in einem Schreiben an den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber, dass durch Provisionen falsche Anreize gesetzt werden: Verbraucher bekommen demnach nicht die für sie passenden Produkte vorgeschlagen, sondern solche, die Maklern eine hohe Provision in Aussicht stellen.
Ein Argument, dass auch Verbraucherschützer ins Feld führen. Das sieht der BVK-Verband naturgemäß etwas anders: „Die immer wieder ins Feld geführten angeblichen Interessenkonflikte existieren zudem bei der Provisionsberatung gar nicht. Denn wir sind gesetzlich nach § 48 a Versicherungsaufsichtsgesetz verpflichtet, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu beraten“, erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Noch in diesem Quartal plant die EU-Kommission ihre Kleinanlegerstrategie vorzulegen, in dem das Vorhaben konkretisiert werden könnte. Das Papier hat hohe Sprengkraft für die Maklerbranche: Die Hinweise haben sich verdichtet, dass darin das Honorarmodell zur europaweiten Vorschrift erklärt werden könnte. Das würde das Aus für die Provisionsvergütung bedeuten.
Vermittlerverbände in Aufruhr
Ein flächendeckendes Provisionsverbot würde „enormen Schaden für die großen Volkswirtschaften in Europa bedeuten“, warnte Martin Klein, Votum-Geschäftsführer, gegenüber procontra. „Gerade die auf eine Beratung angewiesenen Kleinanleger würden dann keine persönliche Beratung mehr erhalten“, so AfW-Vorstand Norman Wirth. „Die vorhandene, aber keine breite Akzeptanz findende Honorarberatung wird das nicht ersetzen.“ Selbsternannte Experten ohne Qualifikation im Internet würden so noch mehr Zulauf erhalten.
Ein Argument, dem sich BVK-Präsident Heinz anschließt: „Die Folge wäre, dass viele auf die nötige Absicherung verzichten würden oder sich ohne Beratung im Netz um eine Absicherung bemühen müssten. Diese Entwicklung beobachten wir in den Niederlanden und in Großbritannien, wo bereits ein Provisionsverbot existiert“, so Heinz in einer aktuellen Stellungnahme. Er glaubt nicht, dass Kunden bereit wären, für eine Beratung vorab „ein dreistelliges Honorar“ zu bezahlen. Gerade Geringverdiener könnte eine Beratung dadurch versperrt bleiben. In Deutschland können Verbraucher bereits eine Honorarbezahlung wählen, die Akzeptanz dafür sei hingegen gering.
BaFin beißt nicht, sie will nur gucken
Auch die BaFin hat in der Vergangenheit immer wieder aus ihrer Sicht zu hohe Abschlusskosten bei Lebensversicherungen beanstandet. Deswegen hat die Aufsichtsbehörde bereits im vergangenen Jahr ein „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ vorgelegt. Damit wolle man „Fehlanreize im Vertrieb vermeiden“, da zu hohe Vermittlerprovisionen einer ergebnisoffenen Beratung im Wege stehen.
Ein Provisionsverbot strebt die BaFin allerdings nicht an. Auch der von der Branche kritisierte Provisionsrichtwert findet sich nicht wie befürchtet im Merkblatt wieder. Die Finanzaufsicht kündigt lediglich an, die gezahlten Abschlussprovisionen genau im Blick zu behalten – im Rahmen ihres „risikoorientierten Aufsichtsansatzes“.