„Das Jahrzehnt des Betreuerwechsels hat begonnen"
Bestandskauf – das Thema ist in aller Munde. Dabei rücken Pools immer mehr in den Fokus. Sie kaufen als Unternehmen Maklerbestände an und geben diese an ihre Makler in Form einer Prämie weiter, und zwar unentgeltlich. „Der Begriff Bestandsbörse ist also nicht ganz zutreffend, denn der Pool kauft und unser Maklerpartner betreut“, erklärte Norbert Porazik, geschäftsführender Gesellschafter von Fonds Finanz auf der MMM-Messe im Frühjahr dieses Jahres. In Frage dafür kommen nur Partner, die einen bestimmten Umsatzstatus erreicht haben (Gold oder Diamond) und sowohl regional, als auch von der Ausrichtung her zum erworbenen Bestand passen.
Pools konkurrieren mit Bestandsdienstleistern
Denn das Match muss stimmen. „Bevor Fonds Finanz den vollständigen Kaufpreis übernimmt, wird er gemeinsam mit dem Verkäufer ermittelt. Sind sich die beiden Parteien einig, kauft Fonds Finanz den Bestand und überträgt ihn an den ausgewählten Makler. Dieser neue Betreuer erhält zunächst nur eine Bestandscourtage in Höhe von 1 Prozent“, erklärt der Poolchef. Der Bestand wird erst dann, wenn neue Abschlüsse erfolgen, schrittweise mit einer Courtage von 100 Prozent vergütet. Dieses Modell, zu dem auch noch zwei weitere Optionen für alle angeschlossenen Partner (Initiativ- und Unterstützungskauf) gehören, kann sich Fonds Finanz leisten, weil mit Hg Capital seit 2022 ein finanzstarker Partner hinter dem Pool steht.
Mittlerweile bieten viele Pools Unterstützung beim Bestandsver- und -ankauf ihrer Makler an. Sie konkurrieren dabei mit erfahrenen Bestandsdienstleistern, die die Konkurrenz mitunter skeptisch sehen.
Win-win-win-Situation
Ein Bestandskauf gilt bei verantwortungsvoller Durchführung als Win-win-win-Situation. „Es ermöglicht Maklern, ihr Lebenswerk zu kapitalisieren, um so den eigenen Ruhestand zu finanzieren. Gleichzeitig kann der verkaufende Makler seinen Kunden zusichern, dass sie weiterhin von einem Nachfolger vertrauensvoll beraten werden. Und der Pool sichert sich Einnahmen, weil der Bestand bei ihm bleibt“, bringt es Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender von Jung, DMS & Cie. (JDC) auf den Punkt. Der JDC-Pool hat bereits seit 2015 mit dem Maklerrentenmodell „DMR Deutsche Makler Rente“ mehr als 50 langjährigen Vertriebspartnern die Bestände abgekauft. 2022 wurde gemeinsam mit Bain Capital und Great West die Summitas Gruppe gegründet, die unter anderem Bestände von Gewerbemaklern erwirbt. „Kleinere Bestände bieten wir aber auch unseren regionalen Partnern an, die uns signalisiert haben, dass sie sich eine Vergrößerung vorstellen können“, so Grabmaier.
Auch der Markt wird perspektivisch immer größer: „Das Jahrzehnt des Betreuerwechsels hat begonnen. In den nächsten fünf bis sieben Jahren werden Tausende Vermittelnde in Rente gehen und Bestände hinterlassen. Wahrscheinlich stehen bald rund 150 Millionen Verträge ohne Betreuer aus Fleisch und Blut da“, schätzt Oliver Kieper, Vorstand Versicherungen der Netfonds Gruppe. Der Pool unterhält keine offene Börse, aber unterstützt seine Partner, sobald er Kenntnis erlangt von Bestandskauf- oder verkaufswünschen. „Wo es geht, sind wir behilflich, die Parteien miteinander bekannt zu machen und begleiten das Geschäft“, so Kieper.
Das Modell muss zum Makler passen, nicht umgekehrt.Kevin Jürgens, Phönix Maxpool
Seit kurzem mit einer digitalen Bestandsbörse im Markt ist Maxpool. „Es funktioniert wie eine Partnerbörse im Internet. Wünsche eingeben, Angebote ansehen und wenn es passt, erfolgt ein Match“, sagt Kevin Jürgens, Vertriebsvorstand der Phönix Maxpool Gruppe. Der verkaufswillige Makler trägt dazu in eine vorgegebene Oberfläche die Daten seines Bestandes und seinen Wunschpreis ein. Die Bestandsübertragungsexperten des Pools prüfen, ergänzen fehlende Informationen und klären Details. Später plant das Pool-Team parallel zur Vertragsunterzeichnung und Kaufpreiszahlung die Bestandübertragung und begleitet beide Parteien als kostenlosen Service solange, bis der letzte Vertrag den Bestandsinhaber gewechselt hat. „Im Zuge dieses Prozesses machen wir den Makler auch auf Alternativen zum Verkauf aufmerksam, wie eine Verrentungsoption etwa über unsere ‚Chancenorientierte Rente‘. Das Modell muss zum Makler passen, nicht umgekehrt“, betont Jürgens. Die Maxpool-Bestandsbörse soll künftig auch nicht angeschlossenen Maklern offenstehen.
Bestandsverrentung als Verkaufsalternative
„Die wesentliche Frage ist doch: Reicht das Geld aus einem Verkauf aus, um langfristig einen angenehmen Lebensabend zu verbringen, oder sind laufende Einnahmen vernünftiger?“, betont Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender der BCA AG. Denn die Bewertungsverfahren hätten sich kaum verändert, ein Verkauf bringe selten mehr als zwei bis drei Jahrescourtagen. Auch die BCA bietet daher eine Maklerrente an, bei der der Bestand auf die Servicegesellschaft des Pools übertragen wird und der Makler dafür – je nach Modell – bis zu fünf Jahre lang 100 Prozent der Courtage erhält. Danach werden lebenslang entweder 90 Prozent der Courtage oder 80 Prozent ausgezahlt, wenn der Hinterbliebenenschutz gewählt wurde.
Auch für die jüngeren Käufer haben die Pools Ratschläge und Tipps. „Schauen Sie genau hin. Sind Maklermandate und -verträge vorhanden? Wie aktuell sind Kundendaten inklusive Telefonnummer und Mailadresse? Und liegen Gesprächs- und Beratungsprotokolle vor?“, nennt Netfonds-Vorstand Kieper wesentliche Parameter. „Wir achten beim Erwerb auf eine hohe Digitalisierungsquote, einen hohen Anteil an wiederkehrenden Personenversicherungs- und Investmentfondserlösen, geringe Provisionen in Stornohaftung und generell gut gepflegte Daten und korrekte Adressen“, sagt JDC-Chef Grabmaier und empfiehlt das auch den jungen Kollegen.
Und besonders wichtig: Risiken sollten analysiert, gewichtet, eingeschätzt und priorisiert werden, rät die BCA AG. „Nicht kalkulierbare Risken sollten zudem ausgeschlossen, das heißt der Bestand dann allein aus haftungsrechtlichen Gründen nicht gekauft werden“, unterstreicht BCA-Vorstandsvorsitzender Schünemann.
Einig sind sich alle Pools, dass letzten Endes der Kauf eines Unternehmens grundsätzlich sehr zeit- und kostenintensiv ist. Daher geht es kaum ohne fachliche Unterstützung. Ob über eine Bestandbörse oder mit Hilfe eines klassischen Bewertungsdienstleisters muss jeder Makler am Ende selbst entscheiden.