Umfrage zu Provisions- und Honorarberatung

„Die Mehrheit wünscht sich ein Provisionsverbot“

Die Provisionsdebatte steht vor einem Finale: Voraussichtlich im Mai wird EU-Kommissarin Mairead McGuinness ihre Kleinanlegerstrategie vorstellen. Während die Branche den Atem anhält, zeigt eine Befragung, was sich Verbraucher wünschen.

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06:03 Uhr | 17. März | 2023
Mann verschränkt Hände

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen will das Verbot der provisionsbasierten Beratung. | Quelle: fuzzbones0

Während die Branche hitzig über ein dräuendes Provisionsverbot debattiert, ist die Entscheidung auf Verbraucherseite offenbar eindeutig. „Die Mehrheit wünscht sich ein Provisionsverbot“, sagt Konrad Weßner. Er ist Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts puls und hat im Auftrag der Quirin Bank über 1.000 Deutsche gefragt: Sind Sie für ein Provisionsverbot? Demnach sprechen sich insgesamt fast zwei Drittel (63 Prozent) dafür aus. Nur fünf Prozent sagen, die Finanzberatung solle weiterhin provisionsbasiert bleiben, elf Prozent wollen, dass es weiterhin die Wahl zwischen Provisions- und Honorarberatung gibt. 13 Prozent fordern statt der Provisionsberatung eine Honorarberatung.

Damit bestätigt das Ergebnis, wovon Karl Matthäus Schmidt, Quirin-Vorstandsvorsitzender, ohnehin überzeugt ist: „Das Provisionsverbot ist die einzige richtige Antwort.“ Dazu muss man allerdings auch wissen: Seine Bank berät Kunden auf Honorarbasis, ganz uneigennützig ist seine Aussage also nicht. Schmidt glaubt nicht, dass sich durch ein Provisionsverbot eine Beratungslücke auftun werde, dass also Verbraucher keine Finanzprodukte mehr kaufen, weil die Beratung zu kostspielig wird. „Die Erzählung von der Stundenbezahlung ist falsch“, sagt er. Die prozentuale Vergütung sei die Regel und nicht die stundenbasierte Beratung. Deutschland unterstelle der EU-Kommissarin Mairead McGuinness, die derzeit ein Provisionsverbot prüft, sie wolle die Stundenbezahlung einführen. „Das ist aber nicht richtig, das ist eine falsche Geschichte“, so Schmidt.

Beratung nur noch für die vermögende Klientel?

Der Charme des Honorarmodells bestehe darin, dass sich dann jeder Anleger eine unabhängige Beratung leisten könne, zeigt sich Schmidt überzeugt. Die Frage ist nur: Wenn ein Privatanleger nur eine kleine Summe investieren will, lohnt sich dann noch die Honorarberatung auf Grundlage einer prozentualen Vergütung? „Es wird immer Fälle geben, wo sich die prozentuale Vergütung für die Bank nicht sofort lohnt, aber das wird kompensiert durch andere Kunden, die eben mehr anlegen“, so Schmidt.

Schmidt sieht auch die in Deutschland verwendeten Begriffe als Hindernis für die Akzeptanz des Honorarmodels. So stößt sich an der Bezeichnung „Honorarberater“. Er präferiert den Begriff „unabhängiger Finanzberater“, der auch weltweit üblich sei (independent advisor). „Doch in Deutschland verwendet man diesen Begriff nicht. Man versucht, die Honorarberatung in ein bestimmtes Licht zu stellen“, insinuiert er. Tatsächlich gibt ihm die Umfrage in diesem Punkt Recht: Fällt das Stichwort „Honorarberatung“ wissen dreiviertel der Befragten (74 Prozent), dass das Gespräch sie etwas kostet. Wird hingegen von einer „unabhängigen Beratung“ gesprochen, denken das nur noch dreizehn Prozent. Knapp 60 Prozent sind dann überzeugt, die Beratung sei frei von bestimmten Vertriebs-Interessen. Gäbe es künftig nur noch eine Beratung gegen Honorar, würden knapp 40 Prozent darauf aus Kostengründen verzichten. Ein Drittel würde sie nutzen, davon bevorzugen 17 Prozent eine prozentuale Vergütung in Höhe von 1,5 Prozent jährlich. Die restlichen 16 Prozent sprechen sich für eine stundenbasierte Bezahlung des Beraters aus.

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Paradoxes Verbraucherverständnis

Wie paradox offenbar das Verständnis der Verbraucher generell in Bezug auf das Thema Bezahlung von Finanzberatung ist, zeigt ein nahezu absurdes Ergebnis der Befragung: So glauben 90 Prozent, sie hätten noch nie für ihre Anlageberatung bezahlt. Weil die Zahl so frappierend ist, haben die Marktforscher ein zweites Mal nachgehakt und gefragt: „Sind Sie sich sicher, dass Sie noch nie Provisionen bezahlt haben?“ Immer noch fast 70 Prozent zeigten sich überzeugt, während der Beratung kein Geld für dieselbige ausgegeben zu haben. Dazu muss man wissen: Wurden die Umfrageteilnehmer danach gefragt, ob in Anlageprodukten grundsätzlich Provisionen enthalten sind, wusste das immerhin über die Mehrheit (56 Prozent). „Bisher hat Kunde eher unbewusst bezahlt, wird es ihm bewusst, würde er nicht mehr bezahlen“, resümiert Marktforscher Weßner das Verhalten.

Während das Bedürfnis nach transparenter Kostenaufstellung vorhanden ist, geht das Grundlagenwissen gegen Null, wundert sich auch Schmidt. Das liege auch an den Beratungs- und Dokumentationsunterlagen, sagt Weßner. „Zwei von drei Bankkunden haben Unterlagen nicht gelesen. Sie sind zu träge oder bequem“, kritisiert er. Das sei aber auch verständlich, denn selbst jene, die sich diese Mühe gemacht haben, geben mehrheitlich an, nicht alles verstanden zu haben. Die Unterlagen sind schlicht zu kompliziert formuliert.

Allerdings habe die Erfahrung in England gezeigt: Selbst mit einer transparenteren Beratung können Kunden die Kosten kaum einschätzen, sagt Schmidt. Er ist überzeugt, dass die jüngere Klientel sich ohnehin nicht mehr an Berater wendet, sondern ihr Geld über Neobroker anlegt. „Es entsteht eher eine Abverkaufslücke und weniger Beratungslücke“, glaubt der Vorstandsvorsitzende. Zu einer Beratungslücke würde es durch die digitalen Angebote nicht kommen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die aktuelle Umfrage wurde für eine Bank durchgeführt, das heißt die Ergebnisse sind für komplexere Produkte wie eine Lebensversicherung nicht zwingend übertragbar. Nichtsdestotrotz bleibt für die Branche ein schaler Nachgeschmack. Denn, dass die Mehrheit der Verbraucher ein Provisionsverbot befürwortet, sollte Berater zumindest nachdenklich stimmen.