Wer haftet wann? Die folgenden Urteile geben Aufschluss.
Versicherte Nässeschäden
Die Kfz-Teilkaskoversicherung deckt nicht nur Schäden durch Hochwasser an stehenden oder geparkten Fahrzeugen, sondern auch dann, wenn ein Auto in einen überschwemmten Straßenbereich fährt und dort durch stehendes Wasser beschädigt wird. So entschied das OLG Karlsruhe am 28.10.2019 (Az.: 9 U 4/18). Im konkreten Fall fuhr der Ehemann der Klägerin bei Starkregen mit ihrem Pkw und gelangte an eine Wasseransammlung. Sicher, diese wie eine übliche Pfütze durchfahren zu können, stoppte er nicht. Beim Durchfahren des zehn bis 15 Zentimeter tiefen Wassers ging der Motor des Fahrzeuges aufgrund des sogenannten Wasserschlags aus. Der fahruntüchtige Mercedes verblieb vor Ort, durch den anhaltenden Starkregen betrug der Wasserstand bald 90 Zentimeter. Das Wasser drang in den Wagen ein und sorgte für einen Totalschaden.
Auch für diesen Schaden müsse die Versicherung aufkommen, befand das OLG. Ein Schaden sei auch dann „unmittelbar“ durch eine Überschwemmung verursacht, wenn ein Autofahrer bei Starkregen in eine Pfütze fahre, da er deren Tiefe unterschätze. Nicht versichert seien lediglich Schäden durch das von der Naturgewalt verursachte Vermeidungsverhalten. Das wäre der Fall gewesen, wenn der Fahrer durch die Naturgewalt zum Ausweichen, Abbremsen oder Gegenlenken reagiert hätte.
Meldefristen gilt es zu beachten
Zu den weiteren Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gehört es, den Unfall gegenüber seiner Versicherung fristgerecht zu melden. Wer die Meldefrist überschreitet, kann unter Umständen leer ausgehen, entschied das Braunschweiger Oberlandesgericht (11 U 131/19). Geklagt hatte eine Versicherungsnehmerin, die den Unfall nicht – gemäß der Bedingungen – innerhalb einer Woche ihrer Versicherung gemeldet hatte, sondern erst nach über einem Jahr. Die Erklärung der Frau, zuerst davon ausgegangen zu sein, dass ihr Unfallgegner für den Schaden aufkomme, ließ das Gericht nicht gelten. Die Meldefrist fange mit dem versicherten Ereignis zu laufen an, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer seine Kaskoversicherung in Anspruch nehme wolle oder nicht. Die Versicherung habe sonst keine Möglichkeit, den geschilderten Unfallhergang zu überprüfen.
Warnblinker an, um Haftung zu vermeiden
Nach einem Unfall sollten die Beteiligten ihren Warnblinker einschalten – nicht nur, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, sondern auch, um eine etwaige Haftung bei Folgeunfällen zu vermeiden. In einem konkreten Fall vor dem OLG Celle (Az: 14 U 37/20) hatte ein Unfallbeteiligter das unterlassen – ein weiteres Fahrzeug war bei Dunkelheit kurze Zeit später in die Unfallstelle gefahren. Die Versicherung zahlte jedoch nur einen Teil des Schadens und verwies auf die überhöhte Geschwindigkeit des dritten Autos. Auch die Richter sahen eine Teilschuld beim Fahrer des später in den Unfall gerasten Fahrzeugs: Dieser dürfe bei Dunkelheit nur so schnell fahren, dass er innerhalb seiner Sichtweite anhalten könne. Die Hauptschuld (zwei Drittel) trage jedoch der Autofahrer, der nach dem Unfall seine Warnblinkanlage nicht eingeschaltet hatte.
Versicherer darf Daten der Assistenzsysteme auslesen
Bei einem Unfall ohne Zeugen mit einem zweifelhaften Unfallhergang darf der Versicherer die Daten von Kfz-Assistenzsystemen auslesen. Das hat das Landgericht Köln (AZ: 24 O 236/19) entschieden. In dem Fall war der Fahrer eines Audi A 8 verunglückt auf der Landstraße. Nach der Schilderung des Fahrers habe er einen USB-Stick aufheben wollen, der in den Fußraum des Fahrzeugs gefallen war. Daraufhin sei das Fahrzeug von der Straße abgekommen und hatte zwei Leitplanken gestreift. Den Schaden von mehr als 15.000 Euro wollte der Fahrzeugbesitzer von seiner Vollkaskoversicherung erstattet bekommen. Der Versicherer glaubte jedoch nicht an den geschilderten Unfallhergang und wollte die Daten der elektronischen Hilfs- und Assistenzsysteme auslesen, die einen Unfall wie den geschilderten gerade verhindern sollten. Ein Sachverständiger wurde daraufhin zum Unfallopfer geschickt, um sich die Technik des Wagens genauer anzuschauen. Allerdings ließ der Unfallgeschädigte das nicht zu. Er sah darin einen nicht unerheblichen Eingriff in seine Privatsphäre, die nicht hinnehmbar sei. Das sah das Landgericht anders. Der Unfallgeschädigte sei aufgrund der Versicherungsbedingungen verpflichtet, eine Überprüfung des Fahrzeugspeichers zuzulassen. Ansonsten läge eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vor, die zur Leistungsfreiheit der Versicherung führe. Insbesondere lägen keine Umstände vor, dass dem Mann die Gestattung der Speicherauslesung unzumutbar gewesen wäre.