Diese Insurtechs verbuchten die höchsten Beitragseinnahmen
„Aller Anfang ist teuer“ – unter diesem Titel veröffentlichte die deutsche Finanzaufsicht Bafin in ihrem hauseigenen Journal im Januar einen Artikel, in dem sie neue, höhere Eigenmittelanforderungen für neugegründete Digitalversicherer ankündigte: Eine Lizenz solle künftig nur noch dann erteilt werden, wenn das Unternehmen am Tag des Lizenzantrages eine vollständige Ausfinanzierung vorweisen kann. Schließlich sei die Gründungsphase für junge Insurtechs schwierig, argumentierte die Bafin – hohen Ausgaben für den Aufbau eines IT-Systems stünden in der Regel lediglich geringe Prämieneinnahmen gegenüber, die eigenen Gewinnprognosen fielen zudem meist viel zu rosig aus. Um die Kunden der jungen Versicherer besser zu schützen, seien die neuen Eigenmittelanforderungen deshalb geboten, lautete die Schlussfolgerung der Finanzaufsicht.
Kritik an dieser Entscheidung blieb nicht aus. GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen warnte davor, mit solchen Sonderregeln Innovationen aus Deutschland zu vertreiben, beim Digitalverband Bitkom stieß man argumentativ ins selbe Horn. „Die geplanten Hürden für Insurtechs schaden dem Startup-Standort Deutschland und treiben Innovationen ins Ausland“, monierte Bitkom-Präsident Achim Berg.
FDP mit Sorgen um Insurtechs
Auch bei der FDP schien man sich um die Zukunft des Insurtech-Standortes Deutschland zu sorgen und stellte eine entsprechende Anfrage an den Deutschen Bundestag, für die nun eine Antwort vorliegt. In dieser rechtfertigte die Bundesregierung die Entscheidung ihrer Behörde und ließ nicht erkennen, von dieser in Zukunft abweichen zu wollen: „Die Bafin hat in der letzten Zeit bei neu zugelassenen Unternehmen verstärkt beobachtet, dass sie ihre Ergebnisprognosen erheblich verfehlen. Insbesondere entstehen deutlich höhere Kosten als geplant“, heißt es.
In einigen Fällen würde das vorhandene Kapital nur für wenige Monate reichen, der Bedarf an kurzfristigen Nachfinanzierungen sei damit groß. Diese seien – auch aufgrund der Corona-Pandemie – jedoch zum Teil nicht wie geplant zu realisieren. „Damit steigt die Gefahr, dass die Unternehmen nicht mehr die aufsichtsrechtliche Mindestkapitalanforderung erfüllen und nicht fristgerecht wieder erfüllen werden können mit der Folge, dass die Bafin die Versicherungslizenz entziehen müsste.“
Laut der Unternehmensberatung Willis Towers Watson sind die Insurtech-Investitionen zuletzt aber wieder deutlich angestiegen. Nach einer kurzen Flaute zu Beginn des vergangenen Jahres seien im weiteren Jahresverlauf international deutlich mehr Insurtech-Deals vereinbart worden, bei den Investitionssummen befinde sich man auf Rekordkurs. Auch in Deutschland waren zuletzt einige aufsehenerregende Finanzierungen bekanntgegeben worden bzw. stehen angeblich unmittelbar bevor.
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Bei Wefox arbeite man derzeit an einer Finanzierungsrunde in Höhe von 250 Millionen Dollar, berichten diverse Medien. Das Rostocker Versicherungs-Startup Hepster, das seine Fahrradversicherungen mittlerweile auch über Maklerpools anbietet holte sich jüngst von Investoren rund acht Millionen Euro, das Heidelberger Unternehmen Getsafe 25 Millionen Euro. Eine weitere Investitionsrunde in Höhe von 50 bis 75 Millionen Euro sei zudem für dieses Jahr geplant, erklärte das Unternehmen vor kurzer Zeit. Da das Unternehmen derzeit auf eine Lizenz der Bafin wartet, um selbst als Versicherer tätig werden zu können, dürfte das zusätzliche Kapital nötig werden, um die neuen Eigenmittelanforderungen der Bafin erfüllen zu können.
Den erfolgreichen Investitionsrunden standen im vergangenen Jahr jedoch auch einige aufsehenerregende Pleiten gegenüber: Neben dem Check24-Herausforderer Joonko hatte auch das Insurtech Getsurance, Anbieter einer digitalen BU-Police, die Schotten dichtmachen müssen und wurde mittlerweile von der Nürnberger Versicherung übernommen.
Die Antwort der Bundesregierung unterstreicht dabei, dass die Beitragseinnahmen der sechs von der Bafin als Insurtechs gewerteten Neo-Versicherer überschaubar ist. Insgesamt kamen die sechs Unternehmen 2020 nur auf Bruttobeitragseinnahmen in Höhe von 25 Millionen Euro.
Diese verteilten sich wie folgt:
Vergleicht man diese Zahlen mit den Geschäftsberichten für das Jahr 2019, können zumindest einige der neuen Versicherer deutliche Beitragszuwächse verzeichnen. Beispiel Neodigital: Das Neunkirchener Unternehmen verbuchte 2019 Bruttobeitragseinnahmen von knapp 1,89 Millionen Euro - laut Bafin-Zahlen bedeutet das im vergangenen Jahr ein Steigerung um fast 200 Prozent. Auch bei Ottonova konnten die Beitragseinnahmen (2019: 3,5 Millionen Euro) deutlich gesteigert werden.
Gleichzeitig sind die Unternehmen mit hohen Kosten konfrontiert. Beim Berliner Versicherer Coya steht ein Verlust von 15 Millionen Euro in den Büchern, bei Ottonova belief sich das Minus auf 2,35 Millionen Euro. Laut Versicherern sind diese Verluste eingeplant und gehen auf die Kosten für IT oder Produkteinführungen in den Markt zurück. Sie unterstreichen aber auch, wie abhängig die jungen Versicherer von Investorengeldern sind - und diese investieren nur, wenn dem jeweiligen Geschäftsmodell auch Potential zugebilligt wird.
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