Diese Reiserücktrittspolicen können überzeugen
Das Reisefieber der Deutschen ist trotz Pandemie, Inflation und Energiekrise ungebrochen. Aktuell bestehen keine Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes wegen Corona in andere Länder. Einige Länder verlangen aber noch Impfnachweise, Corona-Tests, oder die Installation der örtlichen Corona-App, schreibt die Stiftung Warentest in der Januar-Ausgabe von Finanztest. Für die Einreise nach Deutschland gebe es bis 31. Januar 2023 keine Auflagen. Reisende sollten dennoch für ihren Infektionsschutz sorgen und auch die finanzielle Absicherung bei Reiserücktritt oder -abbruch neben der Auslandsreise-Krankenversicherung im Blick behalten.
Die Versicherer übernehmen die mit Reiserücktritt oder -abbruch verbundenen Kosten, die bis zu 80 Prozent des Reisepreises ausmachen können, wenn der Grund eine schwere Erkrankung wie Corona, ein Todesfall oder eine Komplikation während der Schwangerschaft ist. Auch andere unvorhersehbare Ereignisse wie Kurzarbeit oder eine betriebsbedingte Kündigung sind versichert und somit indirekte wirtschaftliche Folgen der Pandemie. Mitunter kommt es zum Streit, weil Fallen bei Corona im Kleingedruckten lauern, wie auch Entscheidungen des Versicherungsombudsmanns zeigen.
Viele Policen nur eingeschränkt Corona-tauglich
Die Rücktrittsversicherung übernimmt auch die Stornokosten, falls der Reisende selbst oder eine sogenannte Risikoperson wie ein Kind, der Lebenspartner oder die Eltern in eine versicherte Notlage gerät und beispielsweise an Corona erkrankt. Aber viele Policen sind nur eingeschränkt Corona-tauglich. Doch es gibt positive Entwicklungen. So konstatierte Finanztest in der Januar-Ausgabe 2021, dass man nicht auf Kosten des Versicherers stornieren kann. Stattdessn müsse man sich an den Reiseveranstalter oder die Airline wenden, wenn das Zielland erst nach der Buchung vom Auswärtigen Amt als Risikogebiet eingestuft wurde.
Ein Jahr später ergab der Test, veröffentlicht in der Januar-Ausgabe 2022 von Finanztest, dass es weniger Fallen im Kleingedruckten wegen Corona gab als zuvor: Testsieger waren damals Hanse-Merkur, Travelsecure und Europ Assistance. Einen „Corona-Rundum-Schutz“ bot allerdings nur die Hanse-Merkur. Beurteilt wurden 130 Tarife, von denen 48 Vollschutztarife ohne Selbstbeteiligung vorgestellt wurden, die den Pandemiefall mindestens eingeschränkt versichern.
Urteil nur zur Policen mit Reiseabbruch und ohne SB
Nun hat Finanztest im Januar-Heft erneut Reiserücktrittsversicherungen bewertet. Ein Qualitätsurteil bekommen nur Policen, die zugleich eine Reiseabbruchversicherung enthalten und auf jeglichen Selbstbehalt (SB) im Schadenfall verzichten. Diesmal kamen 138 Policen in die Wertung, getrennt beurteilt nach Angeboten für Einzelpersonen (je nur für eine Reise oder als Jahresvertrag) und für Familien (ebenfalls nur für eine Reise oder als Jahresvertrag).
Ergebnis: Testsieger bei den Single-Tarifen für Einzelreisen wurde Travelsecure, eine Marke der Würzburger Versicherung, die als einziger die Gesamtnote „sehr gut“ (1,5) bekam. Weitere sieben Anbieter wurden als „gut“ befunden, darunter die Hanse-Merkur (Note 1,6). Deren „Reise-Rücktritts-Versicherung + Urlaubsgarantie + Selbstbehaltübernahme“ bietet dabei sogar bessere Bedingungen beim Reiserücktritt (1,3) als der Spitzenreiter, der hier auf 1,5 kommt. Auf Platz 3 landete Europ Assistance (1,7), der bei Reiseabbruch sogar die besten Konditionen bescheinigt wurden (Teilnote 1,5). Dieselben drei Anbieter waren auch in den anderen drei Kategorien vorn.
Wie Finanztest bewertet hat
Die Bewertung setzt sich auch im Januar-Heft 2023 wieder aus den bekannten drei Teilwertungen zusammen, die unverändert gewichtet wurden. In der Kategorie Reiserücktritt (65 Prozent Anteil am Gesamturteil) gingen die Tester unter anderem der Frage nach, inwieweit Pandemien abgedeckt sind. „Manche Anbieter leisten nicht, wenn eine Pandemie den Schaden auslöste, andere nur dann nicht, wenn bei Reiseantritt eine Reisewarnung vorlag“, heißt es.
Die Bedingungen zu einem Reiseabbruch (25 Prozent) wurden unter anderem dahingehend analysiert, ob der Versicherer in einem solchen Fall zusätzliche Kosten trägt und nicht in Anspruch genommene Leistungen erstattet. Oder ob er bei einer verspäteten Rückkehr Mehraufwendungen für Rückreise, Unterkunft und Verpflegung übernimmt. Die Verständlichkeit der Vertragsunterlagen ging zu zehn Prozent in die Wertung ein. Maßstab war dabei der sogenannte der Hohenheimer Verständlichkeitsindex.
Problemfälle Quarantäne und positiver PCR-Test
Trotz fast drei Jahren Pandemie hat Finanztest wieder nicht die Policen auf ihre Corona-Tauglichkeit bewertet. Erneut wurden nur drei Aspekte abgefragt und in den Tabellen ausgewiesen, welche Policen in diesen Fällen leisten:
Versicherungsschutz im Pandemiefall: Da leisten vollständig nur für Reiserücktritt und Reiseabbruch Travelsecure, Hanse-Merkur, Travel Protect (die Bayerische), Axa (Inter Partner Assistance) und Zurich (nur Jahresverträge),
bei Quarantäne wegen Corona: Axa (Inter Partner Assistance); nur gegen Aufpreis versichert bei: Hanse-Merkur, Travelsecure, Ergo, Signal-Iduna, BD24, Travel Protect, URV,
positiver PCR-Test als Rücktrittsgrund anerkannt: Europ Assistance, LVM, Travel Protect, Allianz Travel, ADAC (nur Jahresvertrag); nur bei Corona-Zusatzpolice: Hanse-Merkur, Ergo, Signal-Iduna.
Corona-Schutz nicht detailliert beleuchtet
Leider hat die Stiftung Warentest auch diesmal Reiserücktritt-Versicherungen nicht mit besonderem Blick auf Corona durchleuchtet und eben auch nicht bewertet. Dadurch wurde die Chance vertan, den Wettbewerb unter den Anbietern in diesem wichtigen Punkt anzukurbeln. Im Gegenteil: Noch immer bietet kein einziger Versicherer Corona-Komplettschutz bei Erkrankung, positivem PCR-Test und Quarantäne. Meist ist er nur gegen Aufpreis zu haben, bei einer 3.000-Euro-Reise etwa zwischen 8 und 75 Euro.
Auch die Reiseveranstalter TUI und ITS/DER bieten laut Finanztest einen Covid-Schutz, der am Urlaubsort und teilweise schon vor der Anreise greift. Er ersetzt jedoch nicht die Police, die in deutlich mehr Fällen hilft. Die Storno-Optionen reichen bei den Veranstaltern bis zu 14 Tage vor Reisebeginn, selten sogar bis fünf Tage vor dem Start. Wer bislang Pauschalreisen gebucht hatte, konnte bislang immer gratis stornieren, wenn das Auswärtige Amt eine Covid-Reisewarnung herausgab. Das sehen manche Veranstalter inzwischen laut Finanztest als „keinen außergewöhnlichen Umstand“ mehr. Immerhin: Nach Reisewarnung kann die Pauschalreise noch kostenlos storniert werden wegen Krieg, Terror, Erdbeben, Waldbränden oder Chemieunfällen.