Hohe Beschwerdequoten: Run-off-Spezialist Viridium erklärt sich

Die drei Lebensversicherer mit den aktuell höchsten BaFin-Beschwerdequoten gehören alle zur Viridium-Gruppe. Im Jahr 2021 nahm der Unmut über die Abwickler noch einmal deutlich zu. Was ist los bei dem Unternehmen, das eventuell bald den Zurich-Altbestand kaufen wird?

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14:05 Uhr | 13. Mai | 2022
Bild: Viridium

Die Run-off-Gesellschaften der Viridium-Gruppe weisen marktweit die höchsten BaFin-Beschwerdequoten in der Lebensversicherung auf. procontra hat nachgefragt, woran das liegt. Bild: Viridium

Auf der Zurich Deutschland liegt dieser Tage besonderes Augenmerk. Medienberichten zufolge wird in den Chefetagen des Versicherers gerade final darüber diskutiert, bis zu 800.000 klassische Lebensversicherungen zur Abwicklung an die auf externe Run-offs spezialisierte Viridium-Gruppe aus Neu-Isenburg zu verkaufen. Täglich könne nun die Entscheidung fallen, wobei sich der deutsche Ableger des Schweizer Versicherungskonzerns kürzlich einem Verkauf nicht abgeneigt gezeigt hatte.

Mit Argusaugen dürften Inhaber von Zurich-LV-Verträgen – und gegebenenfalls auch ihre Versicherungsvermittler – spätestens jetzt auch auf den möglichen Käufer blicken. Der erste Eindruck ist allerdings kein guter: Die Viridium-Gesellschaften Skandia, Heidelberger Leben und Entis weisen für das Jahr 2021 die höchsten BaFin-Beschwerdequoten aller Lebensversicherer auf dem deutschen Markt auf. Dazu kommt noch die sechsthöchste Beschwerdequote durch die weitere Viridium-Tochter Proxalto. Diese wickelt seit 2019 die knapp vier Millionen Klassik-Policen der Generali Leben ab – der bislang größte Run-off-Deal auf dem deutschen Markt.

Viridium nennt 2 Gründe für den Beschwerde-Boom

Neben Viridium wiesen auch mehrere andere Abwickler in den vergangenen Jahren immer wieder verhältnismäßig hohe Beschwerdequoten auf. Jedoch stechen die Gesellschaften aus Neu-Isenburg in der jüngst veröffentlichten BaFin-Statistik mit besonders hohen Quoten hervor – vor allem, wenn man diese mit Anbietern wie der Allianz oder der R+V vergleicht, die deutlich größere Bestände verwalten müssen. Zudem haben sich die Quoten von Proxalto, Entis und Skandia im Vergleich zum Vorjahr teils deutlich verschlechtert.

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Diese Entwicklung hänge überwiegend mit zwei internen Veränderungen zusammen, erklärt die Viridium-Gruppe auf procontra-Nachfrage. Zum einen wären im vergangenen Jahr die Kundenservice-Einheiten aller vier Lebensversicherer der Gruppe am Standort Hamburg gebündelt worden. Dadurch sollen die Kernprozesse auf Dauer schneller, einfacher und kundenfreundlicher gestaltet werden. Diese Investition bringe aber zunächst für einen gewissen Zeitraum zusätzlichen Aufwand in Form von Umstellungsarbeiten und teils längeren Bearbeitungszeiten mit sich, heißt es aus Neu-Isenburg.

Zweitens habe man bereits 700.000 Proxalto-Verträge auf eine moderne IT- und Systemplattform überführt und wolle auch den übrigen Bestand bald migrieren. „Doch angesichts der Komplexität von IT-Modernisierungen dieser Größenordnung lassen sich vereinzelte, temporäre Auswirkungen, die auch die Kund*innen spüren, nicht vollends ausschließen“, sagt ein Unternehmenssprecher. Man arbeite nun in beiden Fällen daran, die Modernisierungsphase zügig abzuschließen und die Zahl der Beschwerden zu reduzieren. „Denn natürlich sind wir mit der Entwicklung im Jahr 2021 – auch wenn diese aus den genannten Gründen größtenteils erklärbar ist – insgesamt nicht zufrieden“, so der Sprecher.

Run-off-Gesellschaften scheuen keinen Vergleich

Die Vermutung, dass sich die Vielzahl der BaFin-Beschwerden auf eine grundsätzliche Unzufriedenheit der Kunden mit dem Geschäftsmodell externer Run-off bezieht, teilt man bei Viridium nicht. Dies spiele keine hervorgehobene Rolle, heißt es.

Zudem scheut der größte Abwickler auf dem deutschen Markt nicht den Vergleich mit noch aktiven Lebensversicherern. „Dass die Kund*innen insgesamt mit den Leistungen zufrieden sind, unterstreicht auch die Tatsache, dass die Stornoquoten aller vier Lebensversicherer in den Jahren nach dem Erwerb durch Viridium stärker gesunken sind als im Marktdurchschnitt“, betont der Sprecher. Man könne außerdem bereits an den Überschussbeteiligungen sehen, dass das Viridium-Modell den Versicherten Vorteile bringe. Eine Assekurata-Untersuchung hatte den Run-off-Anbietern im Vorjahr eine überdurchschnittlich starke Steigerung ihrer Erträge bescheinigt.

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