Impfschäden: Was Unfallversicherungen wirklich leisten
Policen auf dem Pandemieprüfstand. Das gab es in letzter Zeit wiederholt, jetzt also Unfallversicherungen. Inwiefern decken sie etwaige Impfschäden, namentlich auch beim Thema Covid-19, ab? Das treibt derzeit viele Makler um, vorrangig mit Blick auf die Bestandskundschaft. „Hier erreichen uns immer wieder Anfragen zum Einschluss von Impfschäden“, so Thomas Paufler, Experte für Unfallversicherungen bei der R+V. „Wir bieten an, die betreffenden Verträge auf die aktuellen Tarife und Bedingungen umzustellen.“ Das dürfte allerdings nicht bei jeder Gesellschaft klappen. Denn etablierter Marktstandard ist der Versicherungsschutz für Impfschäden noch nicht.
Sonst hätte er es in die GDV-Musterbedingungen für Unfallversicherungen geschafft. Dort sind jedoch „Gesundheitsschädigungen durch Heilbehandlungen und sonstige Eingriffe am Körper der versicherten Person vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Dazu gehören auch Impfschäden“, verweist eine Verbandssprecherin auf die aktuellen Muster-AUB, Ziffer 5.2.3.
Allerdings ist das der Stand 2014. Inzwischen hat sich die Versicherungswelt weitergedreht und Anbieter setzen im Kleingedruckten Impfschäden teils einem Unfall gleich. Teils ist der Versicherungsschutz begrenzt auf bestimmte Impfungen wie beispielsweise Tollwut, teils geht er aber auch darüber hinaus. Einer eventuellen Marktentwicklung hin zu Deckungserweiterungen folgen die GDV-Musterbedingungen nur zeitverzögert, räumt der Verband ein. Die konkrete Ausgestaltung und „vor allem, welche konkreten Impfungen unter den Versicherungsschutz fallen“, sei daher immer unternehmensindividuell zu klären.
Klare Ansage
„Namentlich decken bislang nur wenige Anbieter das Risiko von SARS-CoV-2-Schutzimpfungen ab – Stand 1.März 2021: Waldenburger, Volkswohl Bund, prokundo sowie ganz neu Interrisk“, konstatiert Versicherungsberater Hans-Hermann Lüschen, Betreiber der Vergleichsplattform Versnavi – Das Original. Rund 2.200 Unfalltarife ab 2017 von 171 Versicherern hat die Online-Plattform in diesem Punkt bisher durchleuchtet.
Klares Ja oder klares Nein. Das geht mit der abschließenden Aufzählung der versicherten Infektionen bzw. Schutzimpfungen im Kleingedruckten Hand in Hand. Beim HDI deshalb ein klares Nein, was die Covid-19-Schutzimpfung betrifft. Vorerst. Man wolle die Entwicklung abwarten und prüfen, heißt es weiter auf Nachfrage. Wie HDI, der Versicherungsschutz für definierte Infektionen, respektive Schutzimpfungen über eine Infektionsklausel anbietet, handhaben es auch weitere Gesellschaften.
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Seite 2: "Der eine schwammig, der andere klar und deutlich"
Andere wiederum versprechen über ihre Bedingungen generell Impfschutz. „Aber der eine verspricht es schwammig, der andere klar und deutlich“, so Lüschen.
In vielen Tarifwerken „läuft es am Ende darauf hinaus, dass das Impfrisiko letztlich doch nicht oder nur in Ausnahmefällen abgedeckt ist“, kritisiert er. Häufig findet man die Formulierung: Schutz besteht, sofern die Impfung gesetzlich vorgeschrieben oder angeordnet ist. „Ein Punkt hebt den anderen wieder auf – im ungünstigsten Fall an ganz anderer Stelle im Bedingungswerk.“ Denn: Keineswegs bei allen Anbietern sind Infektionskrankheiten inklusive Impfschäden ein eigenständiger Leistungspunkt.
Für den Versicherungsberater aus Oldenburg gibt es darüber hinaus „zu viele Wenn und Aber und noch einmal Eventuells“ in Form von Wartezeiten oder anderen Auflagen.
Reagieren und agieren
Ohne Einschränkungen sind Impfschäden nach seiner Analyse bislang nur bei wenigen Gesellschaften versichert. Letztlich komme es dann auf die Praxis an: Wie reagiert die Gesellschaft im Leistungsfall? Da fehle bei Covid 19 logischerweise die Erfahrung.
Hinsichtlich des möglichen Risikos zieht der Volkswohl Bund hier, unter Berufung auf Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts, Parallelen zu anderen Schutzimpfungen: Rein rechnerisch entfallen demnach auf 100.000 Impfungen in Deutschland 0,4905 Anträge auf Impfschäden, wovon letztlich 16,3 Prozent auch als solche anerkannt werden.
Vielleicht auch eine Erklärung dafür, weshalb die Thematik im Neugeschäft nach Auskunft der Anbieter so gut wie keine Rolle spielt. „Im Maklermarkt sieht man schon, dass insbesondere größere Plattformen wie Fonds Finanz oder VEMA das Thema gerade sehr intensiv spielen“, so die Gothaer. Sie geht dabei aber eher von Umdeckungen aus – hin zu Gesellschaften, die das Thema anbieten. „Aber natürlich auch nur dann, wenn der Makler das aktiv angeht.“
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