Urteil nach Greenwashing-Vorwurf

Werbung von Commerz Real ist irreführend, aber…

Die Bank warb für einen Fonds mit einer „messbaren“ ökologischen Wirkung. Verbraucherschützer kritisierten das Versprechen als „irreführend“. Ein Gericht kam zu einem ähnlichen Urteil – mit einer Einschränkung.

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13:03 Uhr | 06. März | 2023

Die Commerz Real AG warb für ihren Fonds klimaVest mit einer „messbaren“ ökologischen Wirkung. Der Fonds investiere unter anderem in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer und damit „messbarer“ Energien. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kritisierte, die Werbung sei ohne überprüfbare Erläuterungen irreführend und klagte gegen die Bank.   

Nun entschied das Landgericht Stuttgart, dass die angegriffene Werbung tatsächlich irreführend sei (Az. 35 O 97/22 KfH). Die Richter begründeten das Urteil damit, dass der Vermögensverwalter nicht hinreichend über die Methode der Berechnung der beworbenen Wirkung aufgeklärt habe. Allerdings genüge es laut Gericht, wenn die Commerz Real ihre Berechnungen in räumlicher Nähe zu der Werbeaussage erläutere. Das bedeutet: Das Unternehmen darf weiterhin von einer „messbaren“ ökologischen Wirkung in Form einer CO2 Vermeidung sprechen.

„Mit der Formulierung „messbar“ suggeriert die Commerz Real allerdings, dass die beworbene Wirkung eben gerade nicht geschätzt, also mittels einer beliebigen Berechnungsmethode gemutmaßt wird“, so Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er kritisiert, dass der Anbieter über keine anerkannte Berechnungsmethode verfüge, mit Hilfe derer die Wirkung objektiv überprüfbar sei. Doch nur dann sei die Wirkung – aus Sicht der Verbraucherschützer – wirklich messbar. „Kann die Wirkung nicht nachgewiesen werden, sollte damit auch nicht geworben werden dürfen“, verlangt Nauhauser.

„Alles andere ist Augenwischerei“

Verbraucher haben demnach keine Gewissheit darüber, welche nachhaltige Wirkung ihr Investment tatsächlich hat, so der Experte. Daran ändere auch das aktuelle Urteil gegen die Commerz Real nichts. Es sei Pflicht des Gesetzgebers, verbindliche und vergleichbare Regeln für die Berechnung von eingesparten Emissionen zu etablieren. Verbraucher können den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft nur unterstützen, wenn ein Produkt halte, was es verspreche. „Alles andere ist Augenwischerei.“

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Bereits am kommenden Freitag wird der nächste Fall in ähnlicher Angelegenheit verhandelt: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte Klage gegen die Deutsche-Bank-Tochter DWS eingereicht. So werfen die Verbraucherschützer dem Vermögensverwalter vor einen Fonds übertrieben als nachhaltig angepriesen zu haben. Ziel der Klage sei es, „bestimmte, aber durchaus typische, kaum nachvollziehbare Werbeslogans zur Absatzförderung wegen Irreführung gerichtlich untersagen zu lassen“, so die Verbraucherschützer.

Zuletzt warf der Bürgerverein Finanzwende der DWS vor, sie habe im vergangenen Jahr für ihre als grün deklarierten Fonds Aktien fossiler Unternehmen zugekauft – und zwar im Wert von 852 Millionen Dollar. Kein anderer Vermögensverwalter stecke laut der Recherchen so viel zusätzliches Geld aus nachhaltigen, in Europa erhältlichen Fonds in solche Aktien.