Prominenter Anwalt Alex Murdaugh schuldig gesprochen

Je tiefer man in die Geschichte steigt, desto sinistrer wird sie: Am 7. Juni 2021 setzt der prominente US-Anwalt Alex Murdaugh einen Notruf ab. Seine Frau Maggie und sein Sohn Paul seien erschossen worden. Er habe die Leiche seiner 52-jährigen Frau und seines 22-jährigen Sohnes auf dem Anwesen der Familie in South Carolina gefunden, erklärt er gegenüber der Polizei. Er hatte behauptet während des Vorfalls nicht am Tatort gewesen zu sein. Ein Handyvideo seines Sohnes, auf dem die Stimme Murdaughs kurz vor den Schüssen zu hören ist, überführte ihn. Die Geschworenen sehen die Schuld Murdaughs als erwiesen an, dem Anwalt droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Das genaue Strafmaß wird erst noch verkündet. Warum genau er Frau und Sohn getötet hat, bleibt im Unklaren.

Murdaugh ist Spross einer Rechtsanwalts-Dynastie: Seit 1920, über drei Generationen lang, sind Murdaugh-Männer die Chefankläger des 14. Gerichtsbezirks des Staates South Carolina. Laut BBC ein Rekord in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Ihr Einfluss gilt als berühmt-berüchtigt, niemand will sich mit der Familie anlegen. „Sie konnten ein Urteil fällen, das alles Dagewesene übersteigt“, berichtete ein Anwalt aus South Carolina. „Sie verwandelten einen 100.000-Dollar-Fall in eine Millionen-Dollar-Einigung.“

Doch der Erfolg war begleitet von Jahren des Diebstahls, Betrugs, der Unterschlagung und Tragödien. Bereits knapp zwei Jahre vor den tödlichen Schüssen ereignete sich ein tragischer Unfall: Sohn Paul steuerte an einem späten Abend im Februar 2019 das Familienboot gegen eine Brücke. Drei der sechs jungen Passagiere gingen über Bord. Eine von ihnen, die 19-jährige Mallory Beach, wurde Tage später in einem mehrere Kilometer entfernten Sumpf geborgen. Ein Bluttest ergab, dass der Alkoholspiegel des damals 19-jährigen Paul dreimal so hoch war wie gesetzlich erlaubt.

Der Sohn wurde wegen Bootfahrens unter Alkoholeinfluss mit Todesfolge angeklagt. Er plädierte auf nicht schuldig, starb jedoch vor seiner Anhörung an besagtem Juni 2021 durch die tödlichen Schüsse. Drei Tage nach der Tragödie hätte sich sein Vater, Alex Murdaugh, ebenfalls vor Gericht rechtfertigen müssen, wegen verschiedener Delikte, darunter: Versicherungsbetrug.

So hatte er dem Sohn seiner Haushälterin, die durch einen Sturz während ihrer Arbeit gestorben war, geraten, er solle eine Klage gegen ihn als Arbeitgeber einreichen. Sein Hausratversicherer würde die Hinterbliebenen für den Tod entschädigen. Tatsächlich wurden insgesamt 4,3 Millionen Dollar vom Versicherer ausgezahlt, doch die Angehörigen erhielten keinen Cent. Später stellte sich heraus, dass Murdaugh sie bewusst im Unklaren darüber gelassen hatte, dass der Fall beigelegt war. Und das Geld behalten.

Drei Monate nach dem Tod seiner Frau und seines Sohnes, wurde Murdaugh selbst durch einen Schuss am Kopf verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Später stellte sich heraus, dass Murdaugh einen früheren Mandanten als Auftragsmörder angeheuert hatte. Mit seinem Tod hätte sein zweiter Sohn Buster aus der Lebensversicherung über zehn Millionen Dollar kassiert. Doch der Versicherungsbetrug flog auf. Der Vorfall ereignete sich just an dem Tag, an dem ihn seine Kanzlei gefeuert hatte. Der Grund: Veruntreuung von Beträgen in Millionenhöhe.  

Murdaugh gab später vor Gericht unter Tränen zu, Millionensummen aus Vergleichen für seine Kunden einbehalten zu haben. 2019 waren es allein 3,7 Millionen Dollar. Es sei falsch gewesen, räumte er ein, aber er sei verzweifelt gewesen: Seine Sucht nach Opiaten habe ihn finanziell ruiniert. Murdaughs Anwalt Dick Harpootlian hatte erklärt, sein Mandant habe enorme Summen für das stark abhängig machende Schmerzmittel Oxycodon ausgegeben. Er habe sich das Leben nehmen wollen, sei aber davon abgerückt, weil die Lebensversicherung dann kein Geld an seinen Sohn ausgezahlt hätte.