Behörden entzogen 568 Vermittlern die Lizenz

Knapp 2.000 Verstöße gegen die europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD wurden im Jahr 2020 registriert, besonders viele davon in Deutschland. Für den Branchenverband AfW ist das allerdings kein Grund zur Sorge – im Gegenteil.

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10:01 Uhr | 12. Januar | 2022
Lizenzentzug Bild: Adobe Stock/olly

Über 500-mal sanktionierten die Aufsichtsbehörden der EU-Staaten IDD-Verstöße mit einem Entzug der Vermittlerlizenz. Bild: Adobe Stock/olly

Seit knapp vier Jahren gilt in Deutschland die europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD (Insurance Distribution Directive), die auch weit in den Arbeitsalltag der Vermittler ausstrahlt. Diese sind seitdem beispielsweise verpflichtet, mindestens 15 Stunden im Jahr in ihre berufliche Weiterbildung zu investieren. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, drohen Geldstrafen bis zu 3.000 Euro sowie bei mehrfachen Verfehlungen der Verlust der Vermittlererlaubnis.  

Nun hat die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA erneut untersucht, wie viele IDD-Verstöße in den verschiedenen europäischen Staaten feststellbar waren. Mit 1.942 Verstößen registrierte die EIOPA nahezu genauso viele Verfehlungen wie noch im Zeitraum 2018/2019 (1.923). Mit zusammengezählt 793.751 Euro an verhängten Strafen fiel diese Summe hingegen weitaus geringer aus als noch 2018/2019 (945.710 Euro).  

80 Prozent der Verstöße in Deutschland gemeldet

Mehr als 80 Prozent der Verstöße wurden – wie bereits im Vorjahr – in Deutschland festgestellt. Insgesamt 1.562 mal wurden Vermittler oder Versicherer von den deutschen Aufsichtsbehörden abgemahnt. Erst mit sehr großem Abstand folgen Belgien (156) sowie Frankreich (118). Insgesamt 17 von 29 Staaten verhängten 2020 Sanktionen aufgrund festgestellter IDD-Verstöße – das waren mehr als doppelt so viele wie noch 2018/19. Dennoch bleibt das bestehende Ungleichgewicht augenscheinlich.  

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Einen Grund hierfür nennt die europäische Versicherungsaufsicht  in ihrem Bericht: So ist es den einzelnen Mitgliedsstaaten freigestellt, ob und falls ja, mit welchen Maßnahmen sie Verstöße sanktionieren. Auch sei die Implementierung eines Sanktionsregimes noch nicht in allen Mitgliedsstaaten erfolgt. Entsprechend sei es noch zu früh, um aus den vorliegenden Daten Schlüsse zu ziehen, bemerkt die Behörde in ihrem Bericht.   

"Vermittleraufsicht funktioniert"

Der Vermittlerverband AfW sieht die nun veröffentlichten Zahlen folglich auch nicht mit Sorge. Im Gegenteil: Die deutschen Vermittler sind hier nicht außergewöhnlich regel-resistent, glaubt der AfW, vielmehr seien die Zahlen ein Beweis dafür, wie konsequent Verstöße in Deutschland geahndet werden. „In anderen europäischen Ländern mit einer Kontrolle durch die Finanzaufsicht wird drastisch weniger sanktioniert. Das System der Vermittleraufsicht durch die IHKs in Deutschland funktioniert, das belegen diese Zahlen eindeutig“, sieht AfW-Vorstand Frank Rottenbacher das Aufsichtsregime durch die Industrie- und Handelskammern gestärkt. Das Argument aus Teilen der Politik, das eine wirksame Vermittleraufsicht durch die BaFin erfolgen müsse, werde durch die vorgelegten Zahlen widerlegt.  

„Die Unterstellung, dass das Kammersystem aus einem Interessenkonflikt heraus seine eigenen Mitglieder nicht sanktionieren würde, wird klar widerlegt. Das Kammersystem eignet sich daher auch für eine Aufsicht aller § 34f und § 34i Vermittler“, interpretiert Rottenbacher die Zahlen weiter.  

Der Großteil der Sanktionen (1.050 Fälle) entfällt dabei auf Verfehlungen im Hinblick auf die Weiterbildungsverpflichtung der Vermittler – das sind deutlich mehr Fälle als noch 2018/2019, wo insgesamt 473 und damit mehr als halb so viele Verfehlungen sanktioniert wurden. Das Fehlen einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung wurde in 499 Fällen registriert.  

Strafhöhe: Große Unterschiede

Auch bei den verhängten Strafen sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten markant. Während in Österreich für drei IDD-Verstöße insgesamt 210 Euro – das heißt im Durchschnitt 70 Euro pro Fall – zu zahlen waren, summierten sich in Island bei zwei Verstößen die zu zahlenden Strafen auf 224.215 Euro – also rund 112.000 Euro pro Fall. Für Deutschland wurden indes keine Angaben zur Gesamtstrafhöhe gemacht.  

Insgesamt wurde 2020 von den Aufsichtsbehörden 1.141 Geldstrafen verhängt. Für 2018/2019 betrug deren Zahl nur 735. Erfreulich hingegen ist die Entwicklung beim Entzug der Vermittlererlaubnis. Zu dieser schwerwiegenden Maßnahme griffen die Behörden 2020 nur noch in 568 Fällen und damit deutlich seltener als noch 2018/2019 (1029).  

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